Phänomen No-Show-Rate Ausverkauft? Warum Tausende Plätze in der Red-Bull-Arena leer bleiben
Frühes Abendspiel im DFB-Pokal unter Flutlich, der Gegner einer der ganz großen Traditionsklubs des Landes, Pokalsieger RB Leipzig gegen den HSV – ein Abend, an dem das Stadion aus allen Nähten platzen sollte, möchte man meinen.
Und doch blieben auch bei dem vergleichsweise gut besuchten 4:0 am Dienstagabend in der Red-Bull-Arena etwa 4500 Plätze leer – viel mehr als bei den offiziell angegebenen knapp 45.000 Zuschauern und einer Gesamtkapazität von 47.069 Supportern rechnerisch möglich wäre.
Leere Plätze bei RB Leipzig: 20 Prozent No-Show-Rate gegen Bochum
Doch bei der im Stadion angegebenen Zuschauerzahl handelt es sich um die verkauften Eintrittskarten. Wie Matthias Reichwald, Chief Commercial Officer (CCO) bei RB auf Anfrage mitteilte, erscheinen allerdings im Schnitt knapp unter zehn Prozent derer, die eine Eintrittskarte erworben haben, gar nicht im Stadion.
„Diese sogenannte ,No-Show-Rate’ ist allgemein nicht ungewöhnlich bei allen Vereinen der 1. und 2. Bundesliga und hängt im Einzelfall von Aspekten wie Gegner, Anstoßzeit, Wochentag und Jahreszeit ab”, erklärt Reichwald.
Das betrifft vor allem die bei RB Leipzig etwa 31.000 Dauerkarten-Inhaber, von denen regelmäßig ein zweistelliger Prozentteil weder selbst zum Spiel kommt, noch die Karten in der Ticketbörse zur Verfügung stellt, um anderen Anhängern die Möglichkeit zum Stadionbesuch zu geben.
So kommt es dann zu seltsamen Situationen wie etwa gegen den Tabellenletzten VfL Bochum, als die Heimbereiche offiziell ausverkauft waren, aber dennoch etwa 20 Prozent der Plätze leer blieben, also ungefähr 9000 Sitze. Gegen den HSV am Dienstag waren es genau zehn Prozent.
No-Show-Rate „kein exklusives Problem von RB Leipzig”
„Das ist kein exklusives Problem von RB Leipzig, sondern betrifft die gesamte Liga, sowie auch Ligen im Ausland”, schätzt der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Dominik Schreyer ein. Der Direktor für Sport und Management an der Wirtschaftshochschule WHU beschäftigt sich seit Jahren mit den Anhängern, die nicht erscheinen.
„Die No-Show-Rate in der Bundesliga ist den vergangenen Jahren kontinuierlich auf etwa zehn bis 12 Prozent im Schnitt gestiegen. Da hat sich ein Trend entwickelt”, sagt Schreyer im Gespräch mit RBlive. Laut aktuellen Zahlen, die RB vorliegen, beträgt die No-Show-Rate bei den Konkurrenten nach der Corona-Pandemie derzeit sogar 16 bis 18 Prozent.
Daran etwas zu ändern, ist kein leichtes Unterfangen, denn schließlich kann kein Fan, der Eintritt zahlt, gezwungen werden, auch tatsächlich zu jedem Spiel zu kommen. „Die Herausforderung für die Vereine ist es, die Fans für das Thema zu sensibilisieren, dass es ein Privileg ist, eine Dauerkarte zu besitzen und diese auch wahrzunehmen und nicht verfallen zu lassen”, betont Schreyer. „Gerade bei hoher Nachfrage ist dies ärgerlich für die Fans, die die Spiele gern sehen würden.”
RB Leipzig will No-Show-Rate minimieren
RB-Mitarbeiter Reichwald sagt: „Natürlich haben wir als Klub den Anspruch und arbeiten entsprechend daran, diese Rate möglichst zu jedem Heimspiel zu minimieren und unser Stadion auch tatsächlich maximal auszulasten.“
Unter anderem versendet der Klub nach jedem Spiel eine Umfrage an die Ticketinhaber, die nicht im Stadion waren, um zu verstehen, aus welchen Gründen das der Fall war und die No-Show-Rate möglichst genau zu prognostizieren. Denn schließlich ist es auch ein Unterschied, ob etwa der Caterer Bratwürste für 47.000 oder nur 35.000 Menschen einkauft.
Das kommende Heimspiel dürfte eines der wenigen der Saison sein, bei dem wirklich nahezu jeder Platz besetzt sein wird. Das erste Gastspiel von Real Madrid am Dienstag (21 Uhr) dürfte sich kaum einer entgehen lassen.