RB LeipzigPokalzwist zwischen Augsburg und RB Leipzig: Entstehung einer Feindschaft in fünf Akten
Die Partie Augsburg gegen RB Leipzig, DFB-Pokal-Achtelfinale, findet wie geplant kommenden Dienstag (18.30 Uhr) statt. Sehr zum Bedauern der Sachsen aber, die das Duell in den Januar verlegen wollten. Begründung: Weihnachtsreisen für die Spieler ermöglichen und ein bißchen mehr Erholung. Der Gegner lehnte ab. Begründung: „Eine Verschiebung wäre zu unseren Lasten, darum konnten wir nicht zustimmen." Erklärte Manager Stefan Reuter. "Die Problematik würde sich umkehren, und das wollen wir nicht."
Mit euch? Im Leben nicht!
Übersetzt: Augsburg hätte im Januar dann ja ein Spiel mehr zu spielen. Reuter wollte vermutlich aber eigentlich sagen: Wir spielen jetzt, wo RB durch die vielen englischen Wochen so schön knülle ist. Das erhöht unsere Chancen, denn auf dem Papier ist klar: Augsburg ist der Underdog.
Vor allem aber lautete der Subtext: Gemeinsame Sache mit euch? Im Leben nicht!
Der FCA ist RBL spinnefeind, was mittlerweile auf Gegenseitigkeit beruht und RB Leipzig so langsam in die Nähe jener Tradition bringt, deren Fehlen dem Klub vorgeworfen wird. So ein richtiger deutscher Fußballverein braucht nunmal einen Lieblingsfeind. Und siehe da: Im Süden hat sich einer gefunden, der sich von Anfang an mit viel Engagement in die Rolle eingearbeitet hat.
1. Akt, 2016: Klaus Hofmann sei Dank. Der gerade zum Vorsitzenden gewählte Vorständler ist ein glühener Traditionalist. Also Gegner von "Konstrukten" wie RB. Legendär ist sein Spruch bei Amtsantritt: „Ich freue mich über jede Leipzig-Niederlage und trinke darauf ein Bier.“ Im selben Jahr entgleisen dem vormaligen Fleischer bei der Firma Moksel in Buchenloe die Manieren: Beim Auswärtsspiel in Leipzig zeigt er des Öfteren den Mittelfinger und "als ein Leipzig-Spieler auf dem Boden lag, sprang er auf und schrie: ‚Jawohl, jetzt liegt er am Boden‘“. So erzählt es Leipzigs Counterpart Oliver Mintzlaff, der den pöbelnden Gast "beinahe aus der Loge entfernen" lassen musste, weil anderen Stadiongästen der Kamm schwoll und die Situation zu eskalieren drohte. Hofmann hat der Version nicht widersprochen.
2. Akt, Herbst 2016: Der Österreicher Martin Hinteregger, gerade zum FCA gewechselt, kritisiert das in seinen Augen einseitige Abgeben von Salzburg-Talenten an den Red-Bull-Bruderklub in Leipzig. Der ehemalige Profi des österreichischen Serienmeisters sagt in einem Interview wenige Wochen vor dem Spiel des FCA gegen RB: "Ich habe eine Wut auf Leipzig. Selbst wenn die Meister werden sollten und Augsburg absteigt, bin ich froh, dass ich nach Augsburg gegangen bin.“
3. Akt, September 2017: Kapitän Daniel Baier folgt Hofmann in die Obszönität und wichst sich beim Spiel gegen RB andeutungsweise einen in Richtung von RB-Coach Ralph Hasenhüttl. Als Baier dem Österreicher nach dem Spiel die Hand reicht, schlägt der sie aus. Baier fliegt auch aus der RB-Kabine, in der er sich für seine Geste entschuldigen will. Eine Woche später beklagt Reuter, der zu Gast bei Sky ist, dass Hasenhüttl Baiers Entschuldigung nicht angenommen habe. Mintzlaff ruft daraufhin in der Sendung an und keilt zurück. Er berichtet von Hofmanns Auftritt in der Leipziger Stadionloge und schlussfolgert: "Wenn wir über Respekt reden, sollte sich Augsburg zurückhalten!"
4. Akt, November 2017: Hofmann und die RB-Führung steigen erneut in den Ring. Auf der Jahreshauptversammlung ruft der FCA-Chef: „Leipzig darf keine Lizenz bekommen! Sie erfüllen die faktischen Voraussetzungen eines Vereins nicht. Leipzig hat nur 17 Mitglieder, da darf kein weiteres Mitglied rein!“ Ergo: Ein Fußballverein sei das nicht, deshalb wolle er selbst RB-Mitglied werden: „Das probiere ich aus! Schauen wir mal, was passiert." Die Retour aus Sachsen folgt in Form eines kunstvollen Tritts in die Kniekehle des Funktionärs. "Vielleicht kommen ihm diese Einfälle nachts auf der Parkbank", lässt sich ein Klubsprecher zitieren, der damit auf die Klassenerhaltsfeier des FCA anspielt, auf der sich Hofmann ins Erinnerungskoma trank. "Irgendwann haben mich dann Leute auf einer Parkbank entdeckt", erzählt er. "Ich kann mich aber nicht mehr daran erinnern."
5. Akt, April 2019: Pokalspiel in Augsburg, Halbfinale. RB gewinnt in der Nachspielzeit der Verlängerung durch ein Elfmetertor 2:1. Danach liegen die Nerven blank. FCA-Spieler Jeffrey Gouweleeuw rempelt RB-Coach Ralf Rangnick an, es folgt eine Rudelbildung, während an der Seitenlinie die Funktionäre aufeinander losgehen. Reuter schildert seine Version so: „Anstatt, dass Mintzlaff sich mit seiner Mannschaft über den Sieg freut, marschiert er hier in unsere Coaching-Zone. Was er sich hier rausnimmt, ist an Arroganz und Frechheit nicht mehr zu überbieten.“ Mintzlaff kontert mit dieser Version: Augsburgs Assistenztrainer, Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann, sei während des Spiels immer wieder in die Leipziger Coaching-Zone gekommen sei. „Ich war bei ihm und habe ihm gesagt, dass es sich nicht gehört, dass sie ständig in unserer Coachingzone auftauchen.“
Dass Reuter und der FCA den Sachsen die Zustimmung für die Verlegung des Pokalspiels verweigern, hat mit Fitnessfragen also nur am Rande etwas zu tun. Der FCA-Manager zeichnete die Linie im Umgang mit RB schon nach der letzten Pokalpartie vor. Mit Bezug auf Mintzlaff sagte er: "Er braucht hinterher nicht herzukommen und sagen: ‚Entschuldigung, wir telefonieren und ich lade dich zum Essen ein.' Das kann er sich sparen.“
6. Akt, 22. Dezember 2020? Einiges deutet auf eine weitere Keilerei hin. Der FCA, sehr sensibel, wenn das Thema RB Leipzig aufploppt, dürfte registriert haben, wie RB-Coach Julian Nagelsmann die Augsburger Absage an eine Verlegung des Spieltermins aufgenommen hat. Der 33-Jährige gab sich konzilliant ("Ich verstehe grundsätzlich Dinge"). Aber, und in dieses Aber legte er Pfeffer, Chilli, Jalapeño: "Ich glaube nicht, dass Augsburgs Kader kleiner als unser ist. Unabhängig davon sind wir bereit, das Spiel zu spielen. Augsburg wird merken, dass wir bereit sind." (RBlive/hen)