RB LeipzigRB-Kapitän Gulacsi erklärt Probleme zwischen Team sowie Ex-Trainer Marsch und betont Nagelsmannsche Automatismen
Von großem Interesse begleitet saß am Montag frühen Abend Peter Gulacsi auf der Pressekonferenz vor dem Champions-League-Heimspiel gegen Manchester City neben Achim Beierlorzer, dem neuen Cheftrainer von RB Leipzig, der die Nachfolge von Jesse Marsch antritt, bevor er selbst alsbald beerbt wird.
Freimütiger als gewohnt
Gulacsi kann Auskunft geben, unter anderem darüber was dran ist an den Spekulationen, dass sich das Team letztendlich gegen den Trainer gestellt hat – das waren die Erwartungen, die sich an den Auftritt des Kapitäns knüpften. Der Ungar erfüllte sie, und das freimütiger, als man das von anderen Fußballprofis aus der Branche normalerweise gewohnt ist.
Pete Gulacsi auf die Frage …
… nach dem Ablauf der Trennung: "Wir wurden darüber vorm Training am Sonntag informiert. Es kam nach dem Union-Spiel nicht überraschend. Aber wir waren schon enttäuscht, denn wir sind ein Team, und es liegt auch an diesem Team, dass wir nicht die nötigen Ergebnisse geholt haben."
… ob Jesse Marsch sich persönlich verabschiedet hat: "Es ist sehr unglücklich, dass er noch in Quarantäne ist und sich nicht persönlich verabschieden konnte. Mehrere Spieler haben ihn angerufen. Ich persönlich habe ihn auch angerufen und mich für alles bedankt. Ich habe ihm privat und sportlich alles Gute gewünscht. Er ist ein toller Mensch und ein toller Trainer, der bisher – ob in New York oder Salzburg – eine Topleistung gebracht hat. Dass er es hier nicht geschafft hat, ist sehr schade."
… ob er die Ansicht von Vereinsschef Mintzlaff teilt, dass Marsch nicht der "perfect fit" gewesen sei: "Dass es nicht gepasst hat, das würde ich so auf keinen Fall bestätigen. Es gab immer mal Momente in unserem Spiel, wo das Team an andere Automatismen gewohnt war. Die neuen Elemente von Jesse haben wir deshalb nicht umsetzen können, wie er sich das vorgestellt hat. Der Ansatz war in den letzten zwei Jahren ein anderer, und wenn man sich unseren Kader anschaut, dann haben wir für diesen Fußball auch neue Spieler geholt und da sind wir auch stark. Von diesem Fußball wegzukommen, dauert Zeit. Das war ein Bereich, wo Jesse vielleicht gemerkt hat, dass seine Ideen hier nicht so gut funktionieren. Aber wir haben es versucht, die Mannschaft hat seine Ideen angenommen, aber uns ist das nicht gut genug gelungen. Das hat dazu geführt, dass wir oft wilde und offene Spiele gespielt haben und nicht die Kontrolle hatten, die ein Topteam haben soll."
Gewohnt an den Erfolg
… nach der Bedeutung von Automatismen: "Im Fußball hat man oft keine Zeit nachzudenken, dafür braucht es eingespielte Abläufe. Die Bewegungen mit Ball und ohne müssen automatisch ablaufen. Das zu verändern, braucht deshalb Zeit. Wir waren nicht schnell genug in unserer Entwicklung. Wenn man die nötigen Ergebnisse nicht holt und unter Druck gerät, dann ist es viel schwieriger, diesen Weg weiterzugehen. Dann kommen eben auch Zweifel, ob der Weg der richtige ist. Aber das lag nicht an unserem Willen, sondern es war insgesamt keine einfache Situation. Es kam Corona dazu, Verletzungen. Diese Situation hat sich nicht mehr gelöst."
… ob der Spielerrat in die Trainersuche eingebunden ist: "Das ist die Entscheidung der Vereinsführung, darauf haben wir keinen Einfluss. Und das ist auch gut so. Wir Spieler fokussieren uns auf die nächsten Spiele bis zum Jahresende. Diese Partien sind sehr wichtig, sie sind die Basis für unsere Rückrunde, was die internationalen Spiele im kommenden Jahr anbetrifft und natürlich die Liga. Wir wollen eine Situation schaffen, dass wir die Chancen auf eine Top-vier-Platzierung in der Rückrunde noch haben."
… wie er persönlich mit der ersten großen Krise im Verein umgeht und sie erlebt: "Die letzten sechseinhalb Jahre sind optimal gelaufen und ja, wir haben uns an den Erfolg ein bisschen gewöhnt. Dass wir jetzt so eine Phase haben, ist deshalb neu für uns. Aber wir sind nicht das erste Team der Welt, das da durch muss."
(RBlive/hen)