Zwei Jahre nach Einführung "Das anfängliche Murren hat sich gegeben": So denken Fans über die RB-Ticket-App
Seit knapp zwei Jahren ist sie bei Heimspielen von RB Leipzig verpflichtend. Sie soll den Einlass erleichtern, aber hin und wieder sorgt sie auch für negative Schlagzeilen: verschwundene Eintrittskarten oder spät kommunizierte Updates. Die Rede ist von der Ticket-App von RB Leipzig.
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Wir haben uns bei Fans, beim Fanverband und beim Verein selbst erkundigt. Wie hoch ist die Zufriedenheit mit der App? Was läuft gut? Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?
Sebastian Mädler, RB-Fan aus dem Voigtland, ist bei fast jedem Heimspiel in der Red-Bull-Arena dabei. „Ich persönlich hatte mit der App nie Probleme“, sagt der 37-Jährige. Nur einmal verschwand sein Ticket während eines Spiels. Ein Problem, weil Ordner beim Zugang von Sektor zu Sektor kontrollieren. „Ich kenne auch ein paar Leute, bei denen das Ticket mal vor dem Spiel weg war.“
Sammler haben bei RB das Nachsehen
Dieses Phänomen trat beim Heimspiel gegen Köln im August vergangenen Jahres massenhaft auf. Ordner winken die Fans durch. Der Verein entschuldigte sich im Anschluss und implementierte einen Plan B für diese Szenario, der inzwischen erfolgreich getestet wurde.
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Auch Tobias Hohensee vom Fanclub Red Campus nutzt die Anwendung von Anfang an. „Ich hatte noch nie Probleme mit der App, auch nicht nach Updates. Man hat sein Ticket schnell zur Hand und kann es schnell weiterleiten. Das ist auch ein extremer Vorteil.“ Zudem sei es viel nachhaltiger, die App zu nutzen als die ganzen Tickets auszudrucken.
Als Sammler findet es Hohensee ein bisschen schade, dass es keine ausgedruckten Ticket und Stadionhefte mehr gibt. Nach so einem unvergesslichen Pokal-Abend wie gegen den BVB wäre es toll gewesen, etwas in der Hand zu haben. Das können App und andere digitale Lösungen nicht bieten.
Fanverband: RB-App nicht komplett barrierefrei
Sebastian Horn vom Fanverband kritisiert, dass die App nicht komplett barrierefrei ist. „Wenn du einen Rentner hast, der allein ins Stadion gehen will und technisch nicht so sicher ist, dann ist es extrem kritisch.“ Bei den Leipzig-Unified Bulls, einem RB-Fanclub für Menschen mit Einschränkungen, nutzt die große Mehrheit der Mitglieder allerdings die App. Nur ganz wenige ohne Smartphone greifen auf Alternativen zurück.
Fans in seinem Umfeld, die es nicht so mit der Technik haben, hätten sich bei der Einführung der App von anderen Hilfe bei der Installation und der Eingabe der Daten geholt, berichtet Sebastian Mädler. „Das anfängliche Murren hat sich dann schnell gegeben." Bei Menschen ohne Smartphone kann eine Begleitperson mehrere Tickets auf dem Handy speichern. „Die Leute müssen auch mit der Zeit gehen", sagt Hohensee. "Der Klub ist nun mal sehr jung und modern."
In Ausnahmefällen ist es zudem weiter möglich, ausgedruckte Tickets zu benutzen. Laut RBlive-Informationen betrifft das pro Spieltag lediglich eine zweistellige Anzahl an Fans. Das lässt aus Vereinssicht darauf schließen, dass die App bei Fans und Besuchern mittlerweile auf eine sehr hohe Akzeptanz stößt. Umfragen würden dies untermauern. Der Fanverband wünscht sich trotzdem, dass Alternativen breiter kommuniziert werden.
Fast keine Fan-Beschwerden am Spieltag
RB zieht wenig überraschend ein positives Fazit seit Einführung des digitalen Ticketing. Es gebe keine Probleme mehr mit selbst ausgedruckten Tickets, die am Einlass nicht funktionieren und keine Postverluste. Auch Mehrfachbestellungen, z.B. bei Fanclubs oder Sponsoren, laufen unkomplizierter ab, weil die Tickets einfach direkt weitergeleitet werden können. Der Großteil der Fans und Zuschauer würde die App positiv bewerten - Tendenz steigend.
Rückmeldungen über Probleme mit der App beim Einlass bewegen sich selbst bei einer ausverkauften Red Bull Arena mit 47.000 Zuschauern im einstelligen Bereich, heißt es.
RB Vorreiter beim mobilen Ticketing
RB gilt als Vorreiter beim mobilen Ticketing, ist derzeit der einzige europäische Klub mit einer rein digitalen Ticket-Lösung und stellt seine Expertise sogar den Fußballverbänden Uefa und Fifa zur Verfügung. Auch andere Klubs interessieren sich für die RB-App vom Entwickler Secutix.
Vor allem bei Gästefans, die sich der Ultra-Bewegung zuordnen, ist die App dagegen regelrecht verhasst. Ein wichtiger Grund: Sie müssen ihre Daten rausrücken, um sich zu registrieren. „Einerseits ist es gut die Daten zu haben, weil doch immer mal ein paar Leute dabei sind, die sich daneben benehmen“, sagt Fan Hohensee. „Andererseits: Wenn ich als Auswärtsfan in jedem Stadion meine Daten angeben müsste, dann wäre das auch extrem nervig.“
Verständnis für Beschwerden der Gästefans
Auch RB-Anhänger Mädler kann die Bedenken nachvollziehen. „Ich verstehe Auswärtsfahrer, die das nicht mitmachen wollen.“ Derzeit ist es nur für Heimfans möglich, einen Gastzugang zu verwenden, mit dem sie sich per E-Mail-Registrierung ohne Angabe ihrer Daten anmelden können.
Eine Lösung könnte eine kollektive Bundesliga-App für das digitale Ticketing sein. Die ist bislang nicht in Sicht. Horn sieht solche Gedankenspiele kritisch. „Es gibt Vereine, bei denen Fans im Vorstand sitzen und vielleicht Zugriff auf diese Daten haben“. Die Gefahr von Missbrauch würde steigen, wenn so eine App über einen einzigen Anbieter läuft, so der Sprecher des Fanverbands.
Aber er gibt auch zu Bedenken: „99 Prozent der Leute interessieren diese Datenschutzfragen sowieso nicht.“ Sebastian Mädler meint: „Man setzt bei den AGBs sein Häkchen ohne groß zu lesen. Man muss den Firmen vertrauen. Wie sauber die damit umgehen, das kann man als Fan nicht nachvollziehen.“
Trotz mancher Bedenken und kleinerer Ärgernisse sind sich die Fans einig: Die RBL-App bringt deutlich mehr Vorteile als Nachteile. Die Zeiten der Eintrittskarten zum Anfassen sind in Leipzig endgültig vorbei.