RB LeipzigRB Leipzig symbolisiert den Modernisierungsdruck der Bundesliga
Nicht zuletzt die Diskussionsrunde im Sport1 Doppelpass zeigte, wie unterschiedlich die Perspektiven auf RB Leipzig und seine Stellung in der Bundesliga sein können. Der Freitag thematisiert den Verein nun im Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne.
Widersprüchliche Diskussion um den Tatbestand von RB Leipzig
Kritik an mangelnder Vereinsstruktur, Wettbewerbsverzerrung durch Finanzspritzen, fehlende Tradition und internationale Farmteams. Dafür Doppelmoral der Konkurrenz, friedliche Fans, sportlicher Erfolg und moderne Arbeitsbedingungen, die sich die Verantwortlichen mancher Bundesligisten nur wünschen können.
In der Debatte um die Daseinsberechtigung der Leipzig können schon mal einige Dinge durcheinander gehen. So schreibt der Freitag: „Man kann nach wie vor aus guten Gründen gegen Red Bull sein, aber es ist nicht leicht, RB Leipzig zu verdammen. Jedenfalls nicht, wenn man sich nicht in grobe Widersprüche verwickeln will.“
RB bringt Erfolg zurück in Leipzigs Fußballtradition
Aus Sicht vieler Fußballfans ist der sogenannte Retortenclub vor allem ein Dorn im Auge, weil der Verein strenggenommen auf keine Tradition zurückblicken kann. Dazu muss man sagen, dass man insbesondere im ostdeutschen Fußball schon mal den Überblick verlieren kann, wenn man sich die Traditionslinien von Fußballvereinen vor Augen hält. Die Übernahme des Spielrechts eines Amateurclubs durch einen neugegründeten Verein ist beileibe keine Seltenheit. Nur führt im Normalfall kein milliardenschwerer Investor den übernommenen Club in sieben Jahren in die Bundesliga.
Bleibt die Frage, was den Verein ausmacht. Seine Mitglieder, seine Fans, die Spielstätte oder doch nur sein Name? Niemand bei RB Leipzig bestreitet, dass Tradition eine untergeordnete Rolle spielt und die Vereinsgeschichte ein Novum innerhalb des größten Sportverbands der Welt darstellt.
RB Leipzig ist im Tagesgeschäft ein ganz normaler Bundesligist
Umsätze in Millionenhöhe durch Merchandising, Ticketpreise und sicher nicht zuletzt Spielergehälter sind dies jedenfalls nicht. Insofern spielt RB Leipzig nach den Spielregeln, die sich der deutsche Profifußball in den vergangen Jahren selbst auferlegt hat.
Hier fängt die Scheinheiligkeit an, über die sich Ralf Rangnick wundert, wenn er das Dortmunder Stadionheft als Werbeprospekt oder die Verhältnisse bei 1860 München beklagt. Hier muss man allerdings einem Teil der lautstark protestierenden Fans zugute halten, dass sie die Kommerzialisierung des Fußballs auch im eigenen Verein kritisieren. Trotzdem treten die Vereine in denselben Wettbewerben an: elf gegen elf auf dem Platz und daneben um die Gunst der Geldgeber.
Druck der Modernisierung lastet auf der Bundesliga
Den Vergleich zum Hamburger SV scheut Ralf Rangnick nicht. Die Hanseaten sehe er aktuell wieder in guten Händen. Aber verweist darauf, was in Traditionsvereinen trotz enger Beziehung zu millardenschweren Investoren wie einem Michael Kühne fehlgeleitet sein kann.
An dieser Stelle wird deutlich, dass es weniger um Tradition und mehr um Vereinskultur und -struktur geht. Nicht wenige Bundesligaverantwortliche dürften sich danach sehnen, Entscheidungen so schnell und eigenmächtig treffen zu können wie RB Leipzig. Erst 2014 wurde in Hamburg durch eine Strukturreform die Lizenzspielerabteilung ausgegliedert. Die Zustimmung von knapp 87 Prozent der Mitglieder konnte eingeholt werden, als man tief im Minus kniete.
Wieviel ist die 50+1-Regel wert?
RB Leipzig startete von vornherein ohne den Ballast eines mitgliedergeführten Traditionsvereins und gibt unumwunden zu, daran auch nichts ändern zu wollen. „RB Leipzig macht den deutschen Fußball, macht Deutschland ein Stück moderner“, befindet der Freitag am Ende über die Stellung in der Liga. Das gilt vor allem für die Konstellation des RasenBallsport Leipzig e.V., mit dem die 50+1-Regel des DFB formal einhalten konnte.
Die restlichen Bundesligisten, die die deutsche Vereinskultur hochhalten und bedroht sehen, könnten sich für eine neue Fassung der 50+1-Regel einsetzen. Zwei Gründe sprechen dagegen: Man befürchtet, dass sie vor Gericht nicht einmal Bestand haben könnte. Zweitens will man nicht den Anschluss verpassen, wo Investoren aus aller Welt anklopfen könnten.