RB LeipzigRB Leipzig will beim SC Paderborn die Bundesliga-Erfolgsserie fortsetzen
Wenn der Zweite der Bundesliga am 13. Spieltag beim mit fünf Punkten recht abgeschlagenen Tabellenletzten antritt, dann liegen die zu erwartenden Ereignisse eigentlich auf der Hand. Auswärtssieg, Mund abputzen und dann Vorbereitung auf den nächsten Spieltag.
Julian Nagelsmann lobt SC Paderborn in den höchsten Tönen
Vor der Reise von RB Leipzig zum SC Paderborn liegen die Dinge irgendwie aber doch anders. Während man beim SCP aus dem 3:3 nach verspielter 3:0-Führung in Dortmund nach Abwägung aller Argumente dann doch lieber positive Schlussfolgerungen und das Selbstbewusstsein, auch gegen Leipzig punkten zu wollen, gezogen hat, lobt man beim Tabellenzweiten das Schlusslicht in den höchsten Tönen.
"Das ist eine richtig coole Truppe", zeigt sich RB-Coach Julian Nagelsmann regelrecht begeistert vom SC Paderborn. Dabei hat es ihm vor allem angetan, dass der Aufsteiger immer "Lösungen mit dem Ball" suche und dabei sehr variabel auftrete. Es freue ihn "immer, wenn Mannschaften mitspielen, weil das die Attraktivität von Spielen erhöht".
Sportliche Cinderella-Story
Das Lob hört man in Paderborn bisher im Saisonverlauf häufiger. Allein zu vielen Punkten hat die Spielweise bisher noch nicht gereicht. Was auch daran liegen könnte, dass der Klub genaugenommen viel zu schnell gewachsen ist. Vor zwei Jahren sprang der SCP dem Abstieg in die vierte Liga nur von der Schippe, weil 1860 München die Drittliga-Lizenz entzogen wurde. Anschließend marschierte das Team zusammengestellt vom heutigen RB-Spordirektor Markus Krösche und freudvoll trainiert von Steffen Baumgart direkt durch bis in die Bundesliga.
Die sportliche Cinderella-Story hat allerdings den Nachteil, dass der zuletzt notorisch finanzschwache SCP mit seinen Strukturen und seinem Personal gar nicht schnell genug nachwachsen konnte. Entsprechend wagte Markus Krösche nach dem Aufstieg in die Bundesliga auch den Absprung, weil er das Ende der Fahnenstange in Ostwestfalen erreicht sah.
SC Paderborn ist in der Bundesliga wettbewerbsfähig
Alles andere als ein sofortiger Abstieg in die zweite Liga käme schon einem Wunder gleich angesichts eines Teams, das zu allergrößten Teilen aus Spielern besteht, die für Aufgaben in der zweiten oder dritten Liga ausgewählt wurden. Entsprechend ist mit Streli Mamba einer Topstürmer in Paderborn, der bisher nie höher als dritte Liga gespielt und zwei der letzten drei Spielzeiten in der Regionalliga verbracht hat.
Schon allein vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert mit welcher stoischen Ruhe Steffen Baumgart in Paderborn auch in der eigentlich ein Stück zu großen Bundesliga seinen Plan durchzieht und ein Team gebaut hat, dass sich in den bisherigen zwölf Partien trotz nur fünf Punkten absolut wettbewerbsfähig gezeigt hat. Ein paar Punkte weniger, als möglich gewesen wären, hat man auf dem Konto, weil man vor allem defensiv ein paar Fehler zu viel gemacht hat. Was dann wiederum darauf verweist, dass die individuelle Qualität in der Mannschaft nicht so hoch ist wie bei anderen Vereinen. Positiv gesprochen liegt der letzte Tabellenplatz demzufolge aber nicht am grundsätzlichen fußballerischen Plan.
SC Paderborn verfügt über viel Geschwindigkeit
Diesen hat grob noch Markus Krösche vorgegeben, indem er dem Kader in den letzten Jahren vor allem Schnelligkeit zufügte. Einen Kai Pröger, der den gewiss nicht langsamen Nationalspieler Nico Schulz im Spiel in Dortmund vor dem Treffer zum 1:0 stehen ließ, als würde der nur über den Platz schleichen, hatte Krösche beispielsweise Anfang des Jahres für gerade mal 50.000 Euro aus Essen geholt. Mit klarem Anforderungsprofil hat der SC Paderborn seinem Coach einen Kader hingesetzt, mit dem dieser in nun reichlich zwei Jahren das absolute Optimum herausgeholt und der mit seinem auch verbalen Auftreten viele Sympathien eingestrichen hat.
Dabei ist der SCP nun eben nicht das Team, das sich hinten verbarrikadiert und dann mit langen Bällen kontert. Natürlich gehört auch das schnelle Umschalten sowohl offensiv als auch defensiv zu den Stärken der Mannschaft. Vor allem aber die Ballsicherheit der Mannschaft weiß zu beeindrucken. Mit flachem Passspiel versucht man sich hinten heraus zu kombinieren und lockt dabei den Gegner an, sodass in dessen Rücken Räume entstehen, in die sich Paderborn hereinspielen kann. Fast 48% Ballbesitz und fast 80% Passquote sind das genaue Gegenteil eines destruktiven Teams, das sein Heil ausschließlich in Defensive und Kontern sucht.
RB Leipzig will Paderborner Problemzonen bespielen
"Schwierig zu pressen" sei der SCP wegen seinem "variablen Spielaufbau" hat Julian Nagelsmann beobachtet. Allerdings tut sich Paderborn auch schwer, wenn der Gegner den Ball nicht haben will und tiefer und kompakt verteidigt. Dass man die Spiele gegen Augsburg, Köln, Mainz oder Hertha, also gegen Konkurrenten im Abstiegskampf, allesamt verloren hat, tut richtig weh, ist aber durchaus auch aussagekräftig, was mögliche Schwächen des SCP angeht.
Schwächen hat auch Julian Nagelsmann bei den Paderbornern ausgemacht. Klar, sonst würde der Aufsteiger nicht auf dem letzten Platz stehen. Auch wenn der SCP für Konter nicht anfällig sei, habe er Zonen gesehen, in die man spielen kann und in denen Paderborn Probleme hat.
Genau diese Zonen sollen seine Spieler natürlich am Samstagnachmittag finden, um den vierten Sieg in der Bundesliga hintereinander einzufahren.
Partie mit hohem Laufaufwand zu erwarten
Rechnen sollte das Nagelsmann-Team dabei auch in körperlichen Belangen mit maximalem Gegenwind. Mit 119 Kilometern pro Spiel ist Paderborn die Mannschaft der Liga mit dem zweithöchsten Laufaufwand. Während RB unter der Woche gegen Benfica viele Meter machen musste und viele Ausfälle beklagt, geht Paderborn mit komplettem Team und ausgeruht in die Partie. Eine Partie, die viel Fußball verspricht, weil sich zwei Trainer begegnen, die ihren Mannschaften fußballerische Lösungen zutrauen und diese auch verlangen.
Die fußballerische Qualität spricht in diesem Schlagabtausch natürlich für RB Leipzig. Das Lob, das Julian Nagelsmann Richtung Paderborn vorausschickt, ist aber durchaus von sportlichen Leistungen und nicht zuletzt vom 3:3 des SCP beim BVB gedeckt. Von den schnellen Offensivkräften der Hausherren überrollt zu werden, dürfte aber das letzte sein, wonach Nagelsmann bei seinem ersten Ausflug nach Paderborn der Sinn steht. Nicht zuletzt deswegen versuchte der RB-Coach die Sinne seiner Spieler damit zu schärfen, dass er die Begegnung zum "großen Charakterspiel" machte. Mal sehen, welchen Charakter die RasenBallsportler in Paderborn zeigen werden.
(RBlive/ mki)