RB LeipzigRB Leipzigs Neuzugang Hannes Wolf im Interview: "Salzburg hat mir am Anfang auch nicht gefallen"
Fünf Monate ist es her, da brach dem Österreicher Hannes Wolf nach einem Foul im Spiel gegen Serbien bei der U-21-EM das rechte Sprunggelenk. Gerade als der 20 Jahre junge Österreicher auf dem Weg von Salzburg nach Leipzig war. Zwölf Millionen hat RB an den Bruderklub für einen Offensivspieler bezahlt, der als Österreichs größtes Nachwuchstalent gilt. Und plötzlich: an Krücken, Fuß kaputt, Platte im Bein.
Hannes Wolf: Kann mich mal wer treten?
Knapp 150 teils sehr lange Reha-Tage später sitzt Hannes Wolf mit den RBlive-Reportern Ullrich Kroemer und Martin Henkel im Presseraum der Akademie und spricht über seine Comeback-Pläne, warum er seine Kollegen irgendwann nicht mehr sehen konnte, welche Rolle seine Freundin morgens beim Aufstehen spielt - und warum der "Cossi" nicht der Wolfgangsee ist.
Herr Wolf, alles dreht sich bei Ihnen gerade um ein Körperteil: den rechten Fuß - Sprunggelenk und Syndesmoseband. Wie geht es ihm?
Mein Knöchel fühlt sich richtig gut an, alles drumherum, Adduktoren und solche Sachen, muss ich jetzt wieder anpassen und das Ballgefühl ist natürlich nicht wie vor der Verletzung, kommt aber immer mehr.
Sie trainieren gerade mit einer Platte im Fuß.
Ja, ich kann sie spüren, wenn ich mit den Fingern drüberfahre. Anfangs habe ich mich schon gefragt, wie das wohl ist, wenn man da einen Schlag drauf bekommt. Mittlerweile nicht mehr. Am Besten wäre es, ich würde gleich mal einen Schlag bekommen, um zu wissen: Ah, es geht. Im Sommer kommt sie raus.
Es gab Tage, an denen gefühlt nichts voranging. Meine Freundin musste sich dann das Gejammer anhören.
Hannes Wolf
Welchen Comeback-Plan verfolgen Sie?
Ich werde jetzt langsam ins Mannschaftstraining integriert und dann schauen wir, wie es läuft.
Wie realistisch ist eine Rückkehr in diesem Jahr.
Ich denke schon, dass das möglich ist. Das ist mein Ziel.
Hannes Wolf eilt dem Reha-Plan voraus
In Ihrem Alter eine so schwere Verletzung zu erleiden und eine ganze Weile nicht mehr spielen zu können, ist vor allem eine mentale Herausforderung. Wie ist es Ihnen ergangen?
Es gab Höhen und Tiefen. Tage, an denen ich dachte: 'Heute hast du einen richtigen Step gemacht.' Und Tage, an denen gefühlt nichts voranging. Meine Freundin musste sich dann das Gejammer anhören. Aber ich glaube generell, dass ich gut mit der Situation umgegangen bin, besser jedenfalls als vor ein, zwei Jahren. Damals war ich bei weit weniger schlimmen Verletzungen extrem schlecht gelaunt und hab‘ mein Umfeld ganz schön herausgefordert.
Was war jetzt anders?
Die vielen Gespräche mit der Familie, meiner Freundin, dem Teampsychologen, dem Reha-Trainer, Mitspielern.
Was haben die Ihnen geraten?
Dass ich mir vor Augen halten soll, was gut läuft. Auch die kleinen, unscheinbaren Fortschritte. Wir waren dem Reha-Plan immer drei, vier Wochen voraus. Im Endeffekt ging es darum, nichts zu überstürzen. Das musste ich ein paar Mal hören, dann ging’s.
Hannes Wolf wollte Mannschaftskollegen nicht mehr zugucken
Eine so lange Reha-Zeit bedeutet auch viel Alleinsein. Wie sind Sie damit umgegangen?
Ich war ja von Anfang an hier und hatten immer meine Behandlungen zur selben Zeit wie die Mannschaft ihr Training. Ich hab anfangs viel zugeguckt, aber irgendwann kam der Tag, wo ich gesagt habe: 'Nee, das geht nicht. Das schaffe ich mental nicht.' Danach habe ich viel vormittags trainiert und an Dingen gearbeitet, für die ich vorher wenig oder gar keine Zeit hatte.
Zum Beispiel?
Ich habe meinen Schlaf umgestellt. Jetzt sehe ich zu, dass ich regelmäßig ins Bett gehe und aufstehe. Heißt: gegen Elf schlafen und gegen sieben Uhr aufstehen.
Sind Sie ein guter Schläfer?
Ja, wenn ich schlafe, schlafe ich. Aber mir geht’s gar nicht so sehr um die Schlafzeit, sondern dass ich morgens aufstehe, wenn der erste Wecker klingelt.
Was meinen Sie mit „erster Wecker“?
Na, nicht 15 wie vorher und meine Freundin musste trotzdem sagen: 'Ey, steh‘ mal auf, du!'
Hannes Wolf: "Der Wolfgangsee ist schon noch was anderes"
Wie integriert fühlen Sie sich eigentlich ins Team?
Ich fühle mich nicht als Außenseiter, auch wenn der Unterschied zu meinem Klub davor schon spürbar ist, allein, weil hier viel mehr Sprachen gesprochen werden. Dazu kommt, dass hier mehr Spieler Familie und Kinder haben. In Salzburg waren wir alle ein bisschen jünger. Aber ich bin ja jetzt auch mit meiner Freundin hier und gehe manchmal mit Sabi und Katja essen (Marcel Sabitzer und Freundin Katja Kühne, Anm. Red.), aber eben nicht mehr so viel. In Salzburg war ich noch viel allein, da suchst du natürlich öfter Kontakt zu anderen.
Kann man beide Städte miteinander vergleichen?
(lacht) Ich bin halt durch und durch Österreicher.
Was bedeutet das?
Ich dachte früher immer, Berge wären gar nicht so meins. Aber sie waren eben immer da. Jetzt ist das anders. Jeder hat mir auch von den Seen rund um Leipzig geschwärmt, doch der Wolfgangsee ist schon noch was anderes. Ich kann mich aber nicht beschweren, Salzburg hat mir am Anfang auch nicht gefallen. Es ist eine Gewöhnungssache.
Sie stammen aus der Steiermark, Marcel Sabitzer auch. Spüren Sie eine Wesensverwandtschaft?
Weiß nicht. Ich versteh‘ mich gut mit Sabi und in Salzburg war ich mehrheitlich auch nur mit den Steirern unterwegs. Das war meine Gang, also irgendwas verbindet uns schon.
Wie haben Sie die Entwicklung der Mannschaften von außen erlebt?
In der Vorbereitung war ich mir anfangs unsicher, wo wir stehen, aber es lief ja richtig gut. Ich finde, wir haben in jedem Spiel gut gespielt. Wir waren meistens besser als der Gegner oder das Ergebnis.
Wie ist das, auf der Tribüne zu sitzen, während die Kollegen unten Fußball spielen?
Man sieht besser. Und denkt sich immer mal, das hätte ich anders gemacht. Aber beim ersten Champions-League-Spiel habe ich schon gedacht: Mist, ich wäre gern dabei. Aber hilft nix, zumal absehbar ist, wann ich wieder voll einsteigen kann.
Wo ist mein Platz?
Wo sehen Sie Ihren Platz im Team?
Irgendwo in der Offensive. Wo, ist mir eigentlich egal. In Salzburg habe ich viel im Zentrum gespielt, aber diese Position gibt es hier in Leipzig nicht so. Ich kann von einem defensiven Achter bis zur hängenden Spitze eigentlich alles spielen.
Hat Julian Nagelsmann mit Ihnen über seine Vorstellungen gesprochen?
Ja, als es darum ging, dass der Verein mich verpflichten will. Er meinte zu mir, dass er einen Spieler braucht, der im Angriff so gut wie jede Position spielen kann. Ich möchte jetzt nicht unbedingt links hinten spielen, aber sonst ist es mir egal, wo ich spiele. (lacht) Und der Trainer hat ja Gott sei Dank das Wort 'Offensivposition' verwendet.
Wie ist Ihr erster Eindruck vom Coach?
Gut. Ich kann nicht sagen, wie er in der Halbzeitpause oder vor dem Spiel ist. Aber bei den Ansprachen nach dem Spiel und bei den Videositzungen bin ich ja dabei, und ich muss schon sagen: brutal! Er macht das top.
Ich möchte jetzt nicht unbedingt links hinten spielen, aber sonst ist es mir egal, wo ich spiele.
Hannes Wolf
Bekommen Sie Einzelschulung, wie Julian Nagelsmann das für die Neuen im Team angekündigt hat?
Nein. Klar, wenn es vor dem Spiel eine Sitzung zu Standards gibt, bin ich natürlich nicht dabei. Sonst aber schon. Ihm ist es wichtig, dass alle an den Videositzungen teilnehmen.
Wie ist Ihr Eindruck von der Bundesliga?
Top. Ich finde, dass dieses Jahr richtig viele Mannschaft gut spielen und die Liga sehr ausgeglichen ist. Dadurch, dass mein Trainer in Salzburg, Marco Rose, in Gladbach ist, und mein frühere Kollege Xaver Schlager in Wolfsburg, gucke ich mir auch diese Mannschaften öfter an.
Wie ist der Kontakt zu Marco Rose?
Schon besonders, das wird auch immer so bleiben. Wir haben fünf Jahre zusammengearbeitet. Ich hab‘ ihn direkt am Anfang übrigens mal zufällig hier in Leipzig getroffen. Er saß da vor einem Restaurant, als ich gerade mit dem Auto dran vorbei bin.
(RBlive/mhe/ukr)