RB-Trainerkandidat Danny Röhl im Interview "Ich will mich mit den Besten messen"
Nach langen 46 Spielen hat Danny Röhl die Saison mit dem englischen Zweitligisten Sheffield Wednesday als 12. abgeschlossen. Der gebürtige Zwickauer gilt als Trainerkandidat bei verschiedenen Klubs auf der Insel – und seinem Ex-Verein RB Leipzig.

Sheffield - Danny Röhl trainiert seit knapp zwei Jahren Sheffield Wednesday in der englischen Championship. In seinem zweiten Jahr auf der Bank hat der 36-Jährige aus Zwickau den Klub auf einen gesicherten Mittelfeldplatz geführt, nachdem er mit den "Owls" im Vorjahr sensationell die Klasse gehalten hatte.
Im Interview mit RBlive spricht der frühere Assistenztrainer bei RB Leipzig, dem FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft über die lange Saison in England, seine Zukunftspläne, die große Fanliebe in Sheffield und sein Verhältnis zu RB-Trainer Zsolt Löw.
Herr Röhl, wie müde sind Sie nach einer extrem langen Saison mit 46 Spieltagen in der Championship?
Das war das schon eine anstrengende Saison mit Up und Downs. Es gab viele verschiedene Emotionen, nach Siegen, nach Niederlagen, es gab gute und schlechte Phasen. Da ist man dann am Ende schon froh, wenn die Saison vorbei ist und man ein paar Tage abschalten kann.
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Sheffield hatte zwischenzeitlich Tuchfühlung zu den Aufstiegs-Playoffplätzen, aber es gab in den letzten Wochen eine Schwächephase. Überwiegt die Enttäuschung oder der Stolz, mit dem Vorjahres-Abstiegskandidaten als Tabellen-Zwölfter souverän die Klasse gehalten zu haben?
Röhl bedauert "What-if-Saison" mit Sheffield
Wir haben uns bis zum 40. Spieltag eigentlich eine hervorragende Ausgangsposition erspielt. Dann kam diese Phase, deshalb ist es so eine "What-if-Saison". Leider ist bei uns das Pendel trotz exzellenter xGoal-Werte immer ein bisschen in die andere Richtung gekippt. Wir hatten vier späte Niederlagen in der Nachspielzeit.
Was hat das mit Ihnen und dem Team gemacht?
Das war ganz bitter. Diese Spiele haben extrem wehgetan. Wir haben es in der Rückrunde nicht geschafft, die guten Leistungen in Punkte umzumünzen. Und das ist dann am Ende schade, weil ich das Gefühl hatte: Da wäre noch viel, viel mehr drin gewesen. Aber es ist vielleicht auch genau der normale Entwicklungsschritt. Nachdem wir letztes Jahr am letzten Spieltag die Klasse gehalten haben, haben wir es dieses Jahr sechs, sieben Spieltage vor Schluss geschafft.
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War das trotzdem diese Saison schon mehr der „Danny-Röhl-Fußball“, den das Team nach der ersten kompletten Vorbereitung unter Ihnen gespielt hat?
Ja, auf jeden Fall. Wir hatten meist mehr Ballbesitz, mehr Pässe, mehr Balleroberungen als die Gegner. Es gab wirklich dominante Auftritte, aber gerade zu Hause ist es uns leider nicht gelungen, diese vielen, vielen Torchancen dann auch in Tore umzumünzen. Die positive Entwicklung war aber zu sehen. Natürlich gab es dennoch viele Dinge, die wir verbessern müssen. Zum Beispiel einfache Fehler abstellen.
Fanliebe für Röhl in Sheffield: "Das habe ich so noch nie erlebt"
Es gibt für Sie nach dem sensationellen Klassenerhalt letzte Saison wirklich sehr, sehr, sehr viel Wertschätzung durch die Fans. Das sieht man auch auf Social Media. Für wie viele Selfies müssen Sie am Tag in Sheffield posieren?
Unterschiedlich. Es gibt Menschen, die plötzlich an die Seite fahren, anhalten, aussteigen und Fotos machen wollen. Oder die Fans warten nach dem Spiel noch stundenlang. Das ist schon verrückt. Das habe ich so noch nie erlebt und gesehen. Und das war seit Tag eins so. Die Fans sind sehr, sehr dankbare Menschen.
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K.I. und Datenanalyse sind ein immer größeres Thema im Fußball. Wie nutzen Sie diese Tools in Sheffield?
Bei der Suche nach Neuzugängen gibt es verschiedene Plattformen, die Metriken, Spielideen und andere Daten zusammenführen. Man sieht dann grob, in welchem Bereich ein Spieler top ist. Auch bei der Gegnervorbereitung gibt es gewisse Parameter, die für uns interessant sind. Zum Beispiel bei den Standardsituationen. Wo sind die Zielräume der Gegner? Welche Wahrscheinlichkeit gibt es, dass sie kurz oder lang sind? Wo gibt es Abläufe, die man vielleicht herausarbeiten kann? Meine Analysten zeigen mir dann alles, was ich sehen möchte.
Wie viel von Ihrem Know-how von den früheren Top-Stationen konnten Sie in Sheffield anwenden?
Trainingssteuerung, Inhalte, Meetings - da habe ich meine gesammelten Erfahrungen mit einfließen lassen. Trotzdem muss man aber auch die vorhandenen Bedingungen akzeptieren.
"Andere Themen als beim FC Bayern oder dem DFB"
Welche sind das?
Wir haben zwei Trainingsplätze. Davon hat keiner eine Rasenheizung. Das heißt, im Dezember, Januar, wenn noch Frost ist, wird es schwierig, darauf zu trainieren. Da muss man sich ein bisschen anpassen. Ich glaube, das sind schon andere Themen als beim FC Bayern oder dem DFB, über die man sich Gedanken machen muss. Aus meiner Sicht muss man das als Trainer können: flexibel sein, Anpassungen vornehmen. Man kann nicht einfach Dinge von einer Station auf die nächste übertragen.
Im letzten Sommer waren Sie Experte im englischen Fernsehen. Sehen wir Danny Röhl in 30 Jahren nach der Trainerkarriere regelmäßig im TV?
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Es war für mich eine Ehre, als Deutscher dort auftreten zu dürfen. Ich habe versucht, als Experte die spezifische Trainersicht mit hereinzubringen. Vielleicht auch mal auf das eine oder andere hinzuweisen, was im Fußball aus dieser Warte besonders wichtig ist. Auf die Details einzugehen, auf die Laufwege. Es war eine coole Woche mit insgesamt fünf Spielen, die mir alle sehr viel Spaß gemacht haben. Aber in 30 Jahren, wenn ich 65 bin, dann sitze ich hoffentlich irgendwo mit meinen Enkelkindern entspannt in meinem Haus.
Wie sieht Ihre nahe Zukunft aus? Zuletzt wurde Ihr Name im Zusammenhang mit verschiedenen Vereinen genannt, darunter war auch ihr Ex-Klub RB Leipzig.
Ich habe immer gesagt, dass ich Sheffield sehr dankbar bin, für die Chance, die ich dort bekommen habe. Und ich bin jemand, der den Verein immer weiterentwickeln möchte. Und dafür muss man dann abwägen, wie weit das noch möglich ist oder ob das Maximum unter den vorhandenen Bedingungen vielleicht schon erreicht ist.
Premier League für Röhl "ein Traum"
Würden Sie zurück in die Bundesliga wechseln, wenn sich eine Möglichkeit auftut?
Ich will immer gern mit den besten Spielern arbeiten, mich mit den besten Trainern messen. Da ist natürlich auch die Bundesliga eine Top-Adresse. Ich bin schließlich mit der Bundesliga groß geworden. Aber auch die Premier League ist ein Traum. Es ist für mich aktuell sehr spannend, was im Sommer passiert.
Haben denn Marcel Schäfer, Oliver Mintzlaff oder Jürgen Klopp schon mal ein Spiel von Sheffield live gesehen?
Das kann ich jetzt nicht sagen, ob sie schon mal ein Spiel live gesehen haben (lacht). Hansi Flick war letztens da. Das hat mich wirklich sehr gefreut.
RB ist ein Klub, der fast immer Champions League spielt, auch wenn die Qualifikation diese Saison misslingen könnte. Wäre es denn schon der richtige Schritt für Sie, von einem englischen Zweitligisten zum Chefcoach bei einem europäischen Topklub?
Wenn die Überzeugung auf beiden Seiten da ist, dass man der richtige Trainer ist, dann spricht nichts dagegen, einen Schritt zu einem Champions-League-Klub zu machen. Ich bin zwar erst knapp zwei Jahre Chef-Trainer, aber schon seit insgesamt 16 Jahren im Fußball unterwegs. Ich durfte als Co-Trainer in Leipzig, München und beim DFB große Spieler betreuen, habe die Champions League gewonnen, habe bei einer WM trainiert und mit Southampton Premier-League-Abstiegskampf erlebt. Das ist ein Paket, das mir viel Sicherheit gibt, dass ich für jede Aufgabe bereit bin, wenn beide Seiten überzeugt voneinander sind.
Röhl und Löw sind gut befreundet
Was ist Ihre Analyse, warum RB eine verkorkste Saison spielt?
Da spielen so viele verschiedene Faktoren zusammen, da jetzt von außen eine Einschätzung zu geben, würde dem nicht gerecht werden. Ich drücke meinem Freund Zsolt die Daumen, dass sie sich für die Champions League qualifizieren, das wäre schon top. Wohl wissend, dass die letzten beiden Aufgaben nicht einfach werden.
Sie und RB-Trainer Zsolt Löw kennen sich von gemeinsamen Tagen als Co-Trainer bei RB.
Genau. Wir haben uns damals kennengelernt, als Ralf Rangnick ihn aus Salzburg in die zweite Liga geholt hat. Dann haben wir bis zum Ende von Ralph Hasenhüttls Amtszeit 2018 sehr, sehr gut zusammengearbeitet in Leipzig. Wir sind gut befreundet, die Familien kennen sich. Von daher habe ich natürlich auch eine besondere Beziehung zu ihm.
Könnten Sie sich vorstellen, wieder mit Löw gemeinsam bei einem Klub zu arbeiten?
Warum nicht? Im Fußball ist alles möglich – besonders wenn man sich als Trainer und Mensch gegenseitig sehr schätzt.