Selbstverständnis Champions League Wieso RB die Königsklasse braucht
Die Partie gegen Europa-League-Halbfinalist Bayer 04 Leverkusen (Sonntag, 17.30 Uhr) ist ein Schlüsselduell für RB Leipzig. Gewinnen die Sachsen, ist einer der Konkurrenten um einen der zwei noch offenen Champions-League-Plätze auf zehn Punkte distanziert. Verliert RB, wird es eng. Ein Szenario, das in der Chefetage der Rasenballsportler keine Panik auslöst, aber – Gott bewahre! – bloß nicht eintreten soll. Die Bedeutung der Königsklasse für RB Leipzig aus drei Perspektiven:
Köder für Zugänge und Argument zum Bleiben
Sportliche Planung: „Wenn du neue Spieler anwerben willst, wirbst du auch mit der Champions League“, sagte Leipzigs Sportchef Max Eberl jüngst in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung. Das Turnier der Besten ist für Talente mit Topstar-Perspektive der entscheidende Köder, um auf Angebote vom beschaulichen Cottaweg anzubeißen. Nicht allein Geld oder Renommee des Klubs entscheiden, sondern Spielzeit auf der größtmöglichen Bühne.
Nicht nur für potenzielle Spieler, sondern auch für die aktuelle Kabine ist die Champions League ein Muss. Spieler wie Dani Olmo und Josko Gvardiol sind auf dem Sprung. Sie denken in Karrierestufen und setzen die Teilnahme an der Königsklasse voraus, um weiter für RB zu spielen. Wer wüsste das besser, als der Kaderschmied Eberl. Die Champions League nicht zu erreichen beschrieb der 49-Jährige neulich als „Schlag ins Kontor. Die Spieler wollen wissen, wie geht es weiter, was wird in der neuen Saison? RB Leipzig will in die Champions League, das ist unser oberstes Ziel.”
Plenge: „In allen Bereichen Champions-League-Niveau”
Selbstverständnis: Nach fünf Teilnahmen – zuletzt vier in Serie – ist die Königsklasse fest mit dem Selbstverständnis der Leipziger verbunden. Vize-Kapitän Willi Orban hat in diesem Zusammenhang vergangenen Sommer auf die Bayern verwiesen. Dort, so der Abwehrchef, habe das marmorne Selbstverständnis vom „Mia san mia“ brustblähende Wirkung. „Das zeigt sich in der Körpersprache, in der Mentalität beschrieb er den Effekt auf das Bewusstsein der Spieler. „Auf dem Platz entscheidet sich vieles im Unterbewusstsein. Wenn du in ein Spiel gehst, und der Überzeugung bist, dass du das sowieso gewinnst, dann triffst du in den entscheidenden Momenten auch die richtigen Entscheidungen.“
Ähnlich beschreibt auch Leipzigs neuer Vereinsvorstand und Mit-Geschäftsführer Johann Plenge die Bedeutung von konstanten Champions-League-Teilnahmen auf die Entwicklung des Klubs. „Wir haben für uns das Ziel definiert, ein Topklub der Bundesliga zu sein“, erklärt der 38-Jährige im Gespräch mit der MZ. „Wir wollen uns nicht zu allererst aus wirtschaftlichen Gründen für die Champions League qualifizieren, oder um die Klub-Marke zu stärken, sondern weil es unser eigener Anspruch ist.” Dazu kommt die Erwartungshaltung von außen: „Unsere Fans und Partner wollen von uns europäischen Spitzenfußball sehen. Und auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwarten ebenso wie wir von ihnen, dass wir in allen Bereichen auf Champions-League-Niveau agieren.”
„Geht nicht ohne Champions League”
Wirtschaft und Finanzen: Geschätzte 55 Millionen Euro hat Rasenballsport in dieser Champions-League-Saison eingenommen. Je nach sportlichem Ergebnis beträgt der Unterschied zur Europa League 20 bis 40 Millionen Euro. Und das sind nur die direkten Einnahmen. Dazu kommen weitere Effekte. Sponsoring-Einnahmen etwa hängen unmittelbar vom Werbe-Gegenwert ab, der in der Champions League ungleich höher ist. Heißt: Wenn RB mehr Öffentlichkeit erreicht, dürfen und müssen Hauptsponsor Red Bull und weitere Geldgeber wie VW mehr Geld in den Klub pumpen. „Die Aufmerksamkeit, die man in der Champions League generiert, hat Auswirkungen auf all unsere Sponsoring-Partnerschaften”, bestätigt Plenge. „Da wir uns weiter als Topklub etablieren wollen und in Europa wahrgenommen werden möchten, geht das nicht ohne Champions League.“
Doch der gebürtige Bremer betont, dass die Planungen so ausgerichtet sind, dass auch ein Jahr ohne Champions League wirtschaftlich zu verkraften wäre. „Wenn wir es mal nicht in die Königsklasse schaffen sollten, hieße das wie 2018/19 für den gesamten Klub, mit weniger Mitteln noch effizienter zu sein und noch gezielter darauf hinzuarbeiten, dass es uns in der darauffolgenden Saison wieder gelingt.” Dann würden andere Projekte hintenangestellt, um das Budget für Mannschaft und Transfers nicht verringern zu müssen. Doch diesen Notfallplan wollen Plenge & Co. lieber in der Schublade lassen.