Teamgeist, Mentalität, Topform Die Gründe für den Aufschwung bei RB Leipzig
Es wurde viel gelacht, die gute Laune im traditionellen Kreis nach dem Spiel war nicht zu übersehen. Und es freuten sich alle, nicht nur die, die maßgeblichen Anteil am 6:1-Erfolg im Berliner Olympiastadion gegen Hertha BSC hatten. Genau das macht RB Leipzig aktuell wohl so stark, so wertvoll, so erfolgreich. Bei diesem Triumph standen taktische Feinheiten gar nicht so sehr im Mittelpunkt, sondern die soft skills im Team. „Wichtig ist, dass wir bei unserer Kadergröße eine Mentalität reinkriegen, dass jeder jedem den Erfolg gönnt. Wenn einer spielt, dann zerreißt er sich und schont den anderen, der auf der Bank sitzt. Das ist ein Geben und Nehmen und tut einfach gut”, erklärte Trainer Domenico Tedesco.
Erst recht in einer Phase mit großer Belastung. Tedesco brachte 72 Stunden nach dem 2:2 am Donnerstagabend im Zwischenrunden-Hinspiel in der Europa League daheim gegen Real Sociedad San Sebastian sieben neue Spieler. Vielleicht tausche er ja wieder zurück, meinte er mit Blick auf das Rückspiel am kommenden Donnerstag bei den Spaniern. Mit dem höchsten Auswärtssieg in der Bundesliga für RB überhaupt dürfte die Einstimmung auf die nächste Auseinandersetzung mit den baskischen Minimalisten und Fünfer-Abwehrkettenspezialisten als höchst gelungen betrachtet werden.
Poulsen: „Zur Zeit ist jeder in Topform”
Auch weil erneut die Spieler, die reinkamen, sich nicht nur einfügten, sondern den weiteren Spielverlauf prägten. „Die eingewechselten Spieler haben enorme Wirkung gebracht”, urteilte 1:0-Torschütze Benjamin Henrichs. „Wir entwickeln uns als Team enorm weiter. Zur Zeit ist jeder in Top-Form”, befand 6:1-Torschütze Yussuf Poulsen. Das Team sei froh, so einen Kader zu haben, in dem viele Spieler nur 20 Minuten bräuchten, um so starke Leistungen zu bringen.
„Mit den Wechseln kam der Flow wieder rein. Das freut mich am meisten. Das ist ein gutes Zeichen”, befand Tedesco. Das war gegen Real Sociedad, Wolfsburg und Hansa im Pokal schon ähnlich gewesen. „Wir predigen täglich, wie wichtig jeder einzelne Spieler ist, dann müssen wir das auch mal mit Leben füllen. Rotieren tut uns gut”, so der Coach.
Tedesco: „Unabhängig von Taktik: Die Jungs marschieren!”
Dank der neuen mannschaftlichen Geschlossenheit und Torhüter Peter Gulacsi überstand RB die brenzlige Viertelstunde nach der Pause, als Hertha nicht nur den Ausgleich machte, sondern durch Stevan Jovetic noch zwei weitere Topchancen auf weitere Tore hatte. „Da haben wir zehn Minuten die Kontrolle verloren”, räumte Tedesco ein. Doch es zeichnet Rasenballsport im Jahr 2022 aus, dass aus einer solchen Situation kein deprimierender Einbruch samt Punkteverlust entsteht wie noch beim 1:1 in Augsburg oder der Niederlage gegen Bielefeld vor Weihnachten, sondern ein Torefestival, weil sich die Spieler gegenseitig helfen, Fehler der Kollegen ausbügeln, als Team Stresssituationen überstehen. „Unabhängig von Taktik: Die Jungs marschieren!”, freute sich der Trainer.
Die Schlüsselpersonalie war diesmal Dani Olmo, der den perfekt getimten Pass vor der spielentscheidenden Roten Karte samt Elfmeter spielte, das 3:1 durch Nkunku vorbereitete, selbst das 4:1 schoss und den Assist zum sechsten Tor durch Yussuf Poulsen gab. Olmo riss das Spiel nicht nur an sich, sondern verhalf auch Christopher Nkunku zum Durchbruch in dieser Partie.
13 Saisontore hat Nkunku nun in der Bundesliga erzielt, sechs Treffer in den sechs Meisterschaftsspielen in diesem Jahr; wettbewerbsübergreifend hat er bereits 35 Scorerpunkte auf dem Konto. „Er soll einfach so weitermachen”, sagte Mitspieler Henrichs: „Christo ist immer gut drauf, jeder versteht sich mit ihm und freut sich für ihn.” Und zusammen freuten sich alle über das 6:1 und den heiß umkämpften vierten Tabellenplatz.