RB LeipzigTopduell in der Kapelle: Bayern-Fan führt RB-Anhängerin vor Anpfiff zum Altar
Eigentlich sollte die Trauung anderswo stattfinden. Mauritius vielleicht, erzählt Lutz. Lutz ist 59, Leipziger, seit zwölf Jahren ist Anke, 41, seine Freundin. Vergangenen Herbst hat er ihr im Türkei-Urlaub einen Antrag gemacht. Aber Anke ist Mauritius zu weit weg. Auch zu kompliziert. Es bräuchte einen Übersetzer, Papierkram müsste ebenfalls erledigt werden. „Komm, hat die Anke da gesagt, wir machen das spontan im Jogginganzug!“
Einladung an Hoeneß und Salihamidzic
Danach war der Indische Ozean als Kulisse vom Tisch. Das Elsterflutbecken tut es nämlich auch. Dort steht das Stadion von RB Leipzig, es gibt eine Kapelle – und weil Lutz Bayern-Fan ist, Anke dagegen RB Leipzig toll findet und beide Teams kommendes Wochenende gegeneinander spielen, haben die zwei entschieden: Kein Tag kann besser sein für ihre Trauung.
Denn der Ehemann in spe ist nicht einfach nur Bayern-Fan. Für Lutz ist der Rekordmeister wie die Anke eine Herzensanglegenheit. Vor 50 Jahren ging das los, sagt er. Mittlerweile ist er Mitglied und hat Präsident Uli Hoeneß, Klubchef Karl-Heinz Rummenigge sowie Sportdirektor Hasan Salihamidzic in einem Brief zur standesamtlichen Trauung am Morgen des Spiels eingeladen. „Die wohnen ja im Hotel um die Ecke“ sagt er. Ob sie kommen? „Vermutlich eher nicht.“
Aber es wäre kein Drama. Lutz rechnet fest damit, dass die Bayern trotzdem bei der Eheschließung dabei sein werden. Spätestens wenn es gegen elf Uhr im Oldtimer zur Stadionkapelle „Gloria“ geht, wo eine halbe Stunde später Pastor Manuel Beetz beide verheiratet, bevor die Hochzeitsgesellschaft hinüber ins Stadion zieht. Lutz hat die Bayern nämlich um ein von der Mannschaft signiertes Trikot gebeten. Vor einer Woche bekam er einen Anruf von Hoeneß‘ Sekretärin. „Sie hat gesagt, ich soll Ihnen das Trikot zuschicken, wenn es ein bestimmtes sein soll.“
Keine Unterschriften von RB
Hat er gemacht. Jetzt wartet er auf die Retour. RB hat er ebenfalls um ein unterschriebenes Shirt für Anke gebeten. Auch von den Rasenballern kam schon was zurück. Es war eine Absage. Lutz hatte das Trikot vor fünf Wochen beim Verein abgegeben, jetzt soll er es wieder abholen. „Vielleicht haben die zu viel zu tun, das letzte Heimspiel, dazu kommen die Zehnjahresfeiern.“ Ist aber alles nur Spekulation – und tröstet doch nicht richtig. „Ich bin schon ein bisschen enttäuscht“, sagt er.
Doch wer weiß, vielleicht gibt es ja noch ein Wunder. Die Trauung ist schließlich die erste in dem kleinen Gotteshaus. Ein Debüt. Besonders also. Dabei hatte Lutz mit der Kapelle gar nicht gerechnet. Er hatte mal was von Hochzeiten im VIP-Bereich des Stadions gehört. Und weil er seit 2013 zu RB geht, „jedes Tor bejubelt“, wie er versichert, aber stark sehbehindert ist, hat er den Inklusionsbeauftragten der Klubs, Axel Ackermann, gefragt, ob das auch für ihn möglich sei.
Von da an nahmen die Dinge ihren unerwarteten Lauf. Ackermann kontaktierte den christlich ausgerichteten Fanclub Holy Bulls und bat um Hilfe, wie Jens Olschewski erzählt. Olschewski ist im Vorstand des OFC. „Eigentlich war sowas ja nie geplant“, sagt er. Aber man habe sofort Ja gesagt. Schließlich sei das „doch eine herrliche Geschichte“, wenn man bedenkt: von der Türkei, über Mauritius, zum Flachs mit den Jogginganzügen und der Trauung zweier Fußballfans in einer Stadionkapelle vor dem Spiel ihrer Lieblingsklubs.
Olschewski hofft deshalb, dass man nicht unter sich bleibt. In das Kirchlein passen zwar nur die nächsten Verwandten, Freunde und einige Mitglieder der Holy Bulls. Doch „wir finden immer einen Platz“, sagt er. Es darf also kommen, wer mag. Um das Brautpaar – und die Liebe zu feiern. Im Leben wie im Fußball.