DFB-Pokalfinale gegen Freiburg Feindbild RB: "Häme muss man sich erarbeiten"
Rudi Völler versteht die Welt nicht mehr. Und so erbat sich die deutsche Stürmerlegende, dass der SC Freiburg vor dem Pokalfinale gegen RB Leipzig einlenkt und den ins Alberne mäandernden Schalstreit beendet. "Ihr könnt nicht zum Finale und Theater haben. Das könnt Ihr mir zum Abschied nicht antun", sagte Völler auf seiner Abschiedsfeier bei Bayer Leverkusen. Freiburg hatte vor dem Endspiel am Samstag die Verwendung ihres Wappens für gemeinsame Fanartikel untersagt.
"Häme muss man sich erarbeiten"
Abneigung gegen RB Leipzig hat mittlerweile so etwas wie Tradition im deutschen Fußball. Dann ist immer wieder vom Konstrukt die Rede, das es eigentlich gar nicht geben dürfte. Während man sich auf Manager-Ebene mittlerweile mit dem Gegenteil abgefunden hat, gibt es in der Fanszene weiter Widerstand.
Dabei wird das Feindbild RB oftmals dann vermehrt bedient, wenn der Club erfolgreich ist. Da kommt so ein Pokalfinale gerade recht, in dem die Sachsen ihren ersten großen Titel gewinnen können. Schließlich nimmt RB der Abneigungslogik folgend einem anderen, angeblich ehrlich wirtschaftenden, altehrwürdigen Verein, den Platz im Finale weg. Im Trainingszentrum am Leipziger Cottaweg gehen sie damit routiniert um und bedienen sich bei Wilhelm Busch, der Neid einst als aufrichtigste Form der Anerkennung bezeichnete. "Häme muss man sich erarbeiten", sagte Vorstandsboss Oliver Mintzlaff.
Keine Romantik bei RB?
Vielen Kritikern von RB, in der Regel bei den Ultras zu finden, geht es aber weder um Neid noch um Häme. Sie sehen den vermeintlichen Missbrauch ihres Spiels. Sie sehen Zustände wie in England, wo Clubs von Oligarchen und Scheichs gesteuert werden und wo ein Verein wie Newcastle United in der kommenden Saison in den Farben Saudi Arabiens spielen soll, weil deren neuer Eigentümer eben dorther kommt. Sie wollen die Zukunft ihres Vereins mitgestalten und vor allem mitbestimmen dürfen.
Das ist in Leipzig nicht vorgesehen. "Da wird Fußball gespielt, um eine Getränkedose zu performen", ätzte einst Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Eine romantische Geschichte, nach der sich ein paar Kumpels mit demselben Hobby zusammentaten und einen Verein gründeten - die gibt es bei RB nicht. Mitbestimmung für Fans entfällt weitgehend. Stand März 2022 hatte Leipzig nur 20 stimmberechtigte Mitglieder.
Hinzu kommen ein paar Hundert Fördermitglieder. Die dürfen bei den Mitgliederversammlungen zuschauen, aber haben nichts zu sagen. Solche öffentlichen Zusammenkünfte gibt es auch erst seit 2014, weil sie Auflage und Bedingung für den Zweitligaaufstieg waren.
Im Regelwerk des deutschen Fußballs war das System RB im Gründungsjahr 2009 nicht vorgesehen. Es war einem Investor untersagt, sich in einen Verein einzukaufen, die Stimmenmehrheit zu übernehmen, den Namen zum Zweck der Werbung zu ändern oder neu zu vergeben.
Fanmarsch wurde abgesagt
Also gründete der österreichische Getränke-Milliardär Dietrich Mateschitz den Verein einfach selbst und kaufte dem SSV Markranstädt das Startrecht für die Oberliga ab. Die 50+1-Regelung, laut der muss der Verein eine ausgelagerte Kapitalgesellschaft steuern, wurde damit in Leipzig ausgehebelt. Denn das Unternehmen ist der Verein.
Der Kniff, nach dem RB für RasenBallsport und nicht für Red Bull stehen soll, bringt so manchen Gegner der Leipziger noch mehr in Rage. Der Sächsische Fußball-Verband hatte zunächst alle Entwürfe für das Clubwappen abgelehnt, da es dem Markenzeichen des Konzerns zu ähnlich war. Nach leichten Änderungen wurde im Mai 2010 doch alles durchgewunken.
Dem Vernehmen nach erwogen der Deutsche Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga einmal, gegen das Leipziger Modell zu klagen. Doch das hätte wohl auf wackligen Füßen gestanden. Schließlich wirkt insbesondere die TSG Hoffenheim mit Mäzen Dietmar Hopp als eine Art Präzedenzfall.
Kein gemeinsamer Finalschal
Nach ein paar Jahren ohne den erhofften Ertrag verpflichtete Mateschitz Ralf Rangnick. Und der führte den Club dorthin, wo er heute steht; ins sogenannte oberste Regal des deutschen Fußballs.
Was sich allerdings nicht kaufen lässt, ist eine Fankultur. Zum Rückspiel im Europa-League-Halbfinale gegen die Rangers aus Glasgow reisten nur 1000 Anhänger, ein geplanter Fanmarsch wurde abgesagt.
Zuletzt schmiss der Club deswegen seine PR-Maschine an und wurde nicht müde zu betonen, dass man für das Pokalfinale 50 000 Tickets hätte verkaufen können. Viele Fans gingen demnach leer aus. Und auf einen gemeinsamen Finalschal mit Freiburg müssen sie verzichten.