Kommentar Mintzlaffs Rundumschlag: Diese Botschaften waren für Trainer Marco Rose
Der Aufsichtsratschef hat sich in einem Gespräch mit dem Kicker-Magazin im Grunde genommen an die Mitarbeiter von RB Leipzig gewandt – und nicht nur Blumen verteilt. Vor allem der Chefcoach erhielt ein paar Botschaften.
Leipzig – Oliver Mintzlaff, das muss man dem Aufsichtsratschef von RB Leipzig zugutehalten, ist nicht nur mit dem Bulldozer durch die Themen gefahren, die er in einem bemerkenswerten Interview mit dem „kicker“ am Montag angesprochen hat. Er hat ein paar seiner Botschaften – mal mehr, mal weniger – auch zwischen die Zeilen gepackt.
Mitarbeiterrede in der Öffentlichkeit
Trotzdem waren sie gut zu verstehen, vor allem von denen, an die sie in erster Linie gerichtet waren: die Werktätigen des Bundesligisten nämlich, dessen Vorsitz Mintzlaff zwar vergangene Saison durch seinen Wechsel in die Geschäftsführung von Red Bull abgegeben hat, aber wer der starke Mann am Cottaweg ist, das hat er mit dem Interview noch einmal unterstrichen.
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Bemerkenswert ist freilich nicht nur die Demonstration seines Führungsanspruches, sondern dass Mintzlaff letztendlich in aller Öffentlichkeit eine Mitarbeiterrede gehalten hat, und zwar mit der einen, klaren Botschaft: Wir sind weit gekommen, aber so wie es gerade läuft, darf, kann und soll es nicht weitergehen.
Adressat Nummer eins bei den Themen Team, Entwicklung, Meisterschaft ist Marco Rose. Ein Beispiel: Der Trainer hatte die vergangene Saison, an deren Ende sein Team Vierter mit 25 Punkten Rückstand auf Meister Bayer Leverkusen wurde, immer mit dem Gewinn des Supercups im Sommer 2023 aufgewertet. Mintzlaff diminuierte den Titel zum „Titelchen“ und nahm dem Chefcoach damit bewusst die Möglichkeit, die abgelaufene Spielzeit schönzureden.
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Mintzlaff kritisiert Team und Trainer
Die nämlich ist in Mintzlaffs Augen eigentlich missraten, weil das Team nicht da war, als Rekordmeister FC Bayern die erste große Krise in einer Dekade erlebt hat. Sogar der Beinahe-Absteiger VfB Stuttgart war dem Branchenprimus überlegen gewesen, Roses Personal nicht.
Da zu sein, wenn die Bayern mal schwächeln, das hat man bei RB Leipzig mittlerweile ein paar Jahre nun schon gehört. Es ist das zweite große Narrativ nach dem ewigen Lernen der ersten Aufstiegsjahre. Es geht nur nicht wie erhofft aus. Mintzlaffs fast schon vernichtendes Urteil dazu: „Wir waren leider noch nie da, wenn die Lücke aufging.“ Mit Betonung auf: nie.
Auch in dieser Saison ist die Lücke vielleicht da. Bayer wird nicht nochmal so ohne Weiteres in den Flow kommen, die Bayern haben einen neuen, jungen Trainer sowie neues Personal, der BVB ebenso und der VfB Stuttgart musste Schlüsselpersonal abgeben. Beim Rose-Kader hingegen ist weitgehend alles beim Alten geblieben. Xavi wurde ein zweites Mal geliehen, vier Neue sind dazugekommen, mit Dani Olmo gab es nur einen Abgang von Gewicht.
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Roses Grenzen
In Mintzlaffs Logik hat der Klub dem Trainer damit den Wunsch nach mehr Konstanz im Kader erfüllt. Nun muss der liefern – was in den ersten beiden Spielen gelang, danach setzte aber der typische RB-Trott ein: Remis gegen Union Berlin, Remis gegen Aufsteiger FC St. Pauli. Das sind vier (verlorene) Punkte, die eigentlich kein Meister-Kandidat herschenken darf. Dass RB aktuell nur zwei Punkte hinter den Bayern liegt, trügt. Abgerechnet wird am Ende.
Dem RB-Chefaufseher ist das zu wenig. „Du darfst zu Hause gegen Union Berlin und auswärts bei St. Pauli nicht nur unentschieden spielen“, sagte er, nicht bei den Zielen, die man habe, wenn die Meisterschaft schon mal so offen ist wie gerade eben. Und das war vor allem an den Trainer gerichtet, der dafür geradesteht, dass sein Personal performt.
Gleichzeitig hat er sich in dem Interview auch an den Coach direkt gewandt. Ob er ihm den Rücken gestärkt oder die Grenzen seines Jobs aufgezeigt hat, liegt im Auge des Betrachters – und die Wahrheit vermutlich zwischen den Zeilen. Mintzlaff antwortete auf die Frage, wie er die Arbeit des Trainers bewertet, so: "Marco hat sicherlich die sportlichen Ziele erreicht. Aber er hat genau wie wir auch den Anspruch, dass wir den nächsten Entwicklungsschritt gehen. Dazu müssen wir alle 100 Prozent geben, das weiß Marco, dazu ist er in der Lage und auch bereit."