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RB LeipzigAnalyse zu Geisterspielen (#1): Ist der PCR-Test des Fußballs letzte Hoffnung?

Von Martin Henkel 18.04.2020, 10:22
Es ist die alles entscheidende Frage: Wie gewährleisten, dass keiner der Spieler Corona-positiv ist, wenn die Teams aufeinandertreffen?
Es ist die alles entscheidende Frage: Wie gewährleisten, dass keiner der Spieler Corona-positiv ist, wenn die Teams aufeinandertreffen? imago/imagebroker

Wie weiter mit der Bundesliga? Diese Frage beherrscht den deutschen Fußball seit der erzwungenen Meisterschaftsunterbrechung wegen der Corona-Pandemie vor gut einem Monat. Donnerstag kommende Woche wollen die DFL und die 36 Klubs der 1. und 2. Liga über das weitere Vorgehen beraten. Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen die Aufnahme von Geisterspielen, um die Saison zu Ende spielen zu können. Neun Spieltage stehen noch aus. Die Mitteldeutsche Zeitung/RBlive.de beleuchten in einer Mini-Serie, unter welchen Umständen der Restart möglich ist und wägen Für und Wider der Wiederaufnahme des Spielbetriebs ab.

Welche Voraussetzungen dafür geschaffen sein müssten, darüber berichten wir in unsere Serie über Corona-Tests, Quarantänebestimmungen und Entscheidungen, die im Vorfeld eines solchen Szenarios Gesundheitsämter und Ministerien fällen müssten. In Teil 1 beschäftigen wir uns mit der Virus-Diagnostik, die sicherstellen soll, dass bei Anpfiff einer Partie kein Spieler Corona-positiv ist.

„Alle im Glaskasten”: Isolation 48 Stunden vor einem Spiel

Welche Rolle spielen die Tests bei Wiederaufnahme der Saison? Es ist die alles entscheidende Frage: Wie gewährleisten, dass keiner der Spieler Corona-positiv ist, wenn die Teams aufeinandertreffen? Die Antwort können nur Tests geben, die allerdings 48 Stunden vor einem Spiel genommen werden müssten. Das Corona-Virus ist erst zwei Tage nach einer Infektion nachweisbar. Für die Vereine würde das bedeuten, dass sie alle an einer Partie Beteiligten soweit isolieren müssen, dass die Ansteckungsgefahr 48 Stunden vor Anpfiff gleich Null ist. Prof. Dr. Uwe G. Liebert, Leiter des Instituts für Virologie der Universität Leipzig sagt dazu RBlive und Mitteldeutscher Zeitung: „Wenn alle in einer Art Glaskasten sitzen und zwar getrennt voneinander, und sich von außen nicht anstecken, dann wäre das optimal.“ Die Tests selber dauern etwa vier bis sechs Stunden, je nach Laborauslastung. Spielen die Klubs am Abend, würde eine Probenentnahme am Morgen reichen.

Welche Tests gibt es? Aktuell gibt es drei Tests: den PCR-Test, einen auf Antikörper und Schnelltests, die zuletzt immer wieder für den Hausgebrauch ins Spiel gebracht wurden. Diese aber gelten als zu wenig aussagefähig. Prof. Dr. Kai Gutensohn, Ärztlicher Leiter des aescuLabors in Hamburg und Chef Nord der amedes-Gruppe, die auch in Halle ein Labor unterhält und am Tag an die 1000 Corona-Tests durchführt, rät davon ab. „Da sind wir sehr kritisch“, sagt der 57-Jährige RBlive. „Diese Tests schlagen erst bei sehr hohen Virusmengen an. Man muss davon ausgehen, dass die Rate der Falsch-Negativen enorm hoch ist. Ich würde das dem Fußball nicht empfehlen.“ Gutensohn empfiehlt stattdessen für die Bundesligisten den PCR-Test, mit dem in Deutschland aktuell die Menschen auf das Virus getestet werden. Zudem rät er zu Tests auf Antikörper, um diejenigen Spieler zu bestimmen, die bereits von einer Corona-Erkrankung genesen sind und somit keine Gefahr laufen, „sich mit nochmal zu infizieren“.

Was kostet ein Test? Im privatärztlichen Bereich kostet ein PCR-Test 128 Euro. Im kassenärztlichen Bereich ist die Untersuchung für diejenigen, die die vom Robert-Koch-Institut vorgegebenen Symptome  vorweisen, kostenfrei. „Beim Fußball“, sagte Prof. Dr. Gutensohn, „wäre das aber ein Privatauftrag“, sprich die Vereine müssten dafür bezahlen. Geht man von einem Test pro Spieltag aus bei circa 30 unmittelbar beteiligten Spielern, Trainern und Betreuern auf seitens eines jeden Klubs, dann würde das Vereinen wie RB Leipzig pro Partie etwa 4000 Euro kosten.

Tests für Bundesligaspiele? „Ja, wir können das leisten”

Sind die allgemeinen Labor-Kapazitäten gefährdet? Das ist eine der strittigsten Fragen. Pro Spiel müssten ungefähr 60 Personen getestet werden, an einem Spieltag mit neun Partien also 540 Menschen. Sowohl Gutensohn als auch Liebert sagen, das würde die Labore nicht überfordern. Gutensohn argumentiert: „In Deutschland werden derzeit etwa 110.000 PCR-Tests pro Tag durchgeführt. Ich würde vom Moment ausgehend sagen: Ja, wir können das leisten. Insbesondere an den Wochenenden, weil dann die Zusendungen aus dem ambulanten Bereich niedriger liegen. Und vorausgesetzt, dass wir eine stabile Situation bei den Reagenzien haben“, also den Testkits, die unter anderem Substanzen zur Isolierung der Virus-Erbsubstanz und Enzyme zur Beschleunigung des Prozesses enthalten. „Da gab es in den vergangenen Wochen Engpässe.“ Gutensohn aber ist sich sicher: Das wird sich im Verlauf der nächsten Wochen voraussichtlich noch weiter stabilisieren.“ Auch Liebert meint: „Es ist auf jeden Fall machbar.“

Was passiert, sollte ein Spieler positiv sein? Das ist der wohl heikelste Punkt bei der Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Unter den aktuellen Vorgaben würde ein positiver Corona-Befund bedeuten, sämtliche Betreuer, Trainer und Teamkollegen müssten zwei Wochen in Quarantäne. Unter diesen Voraussetzungen wäre ein Zuendespielen der Saison so gut wie aussichtslos. Die DFL erwägt wohl deshalb, nur den jeweiligen Spieler, Betreuer oder Trainer zu isolieren und alle anderen zu testen, wie der MDR herausgefunden haben will. Diese Möglichkeit besteht grundsätzlich, sagt etwa Liebert, schränkt aber ein: „Die Gesundheitsämter sind in Deutschland dezentral organisiert, alle Ämter haben also Ermessenspielraum. Es bräuchte deshalb eine einheitliche Regelung für den Fußball.“

Lesen Sie an dieser Stelle morgen Teil 2: Ist der Zeitpunkt für die Aufnahme von Geisterspielen günstig und welche Bedenken gibt es seitens der Experten?

(RBlive/mhe/ukr)