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RB LeipzigAnalyse zu Geisterspielen (#2): Welche Bedenken äußern Experten?

Von Martin Henkel, Ullrich Kroemer 19.04.2020, 11:36
Über das Für und Wider eines Neustarts der Bundesliga sprach RBlive mit Experten.
Über das Für und Wider eines Neustarts der Bundesliga sprach RBlive mit Experten. imago/Rene Traut

Wie weiter mit der Bundesliga? Diese Frage beherrscht den deutschen Fußball seit der erzwungenen Meisterschaftsunterbrechung wegen der Corona-Pandemie vor gut einem Monat. Donnerstag kommende Woche wollen die DFL und die 36 Klubs der 1. und 2. Liga über das weitere Vorgehen beraten. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht die Aufnahme von Geisterspielen. Mitteldeutsche Zeitung/RBlive.de beleuchten in einer Mini-Serie, unter welchen Umständen der Restart möglich ist und wägen Für und Wider der Wiederaufnahme des Spielbetriebs ab.

Lieber noch ein bisschen warten?

Im Mittelpunkt stehen dabei Tests, mit denen sichergestellt werden kann, dass kein infizierter Spieler, Trainer oder Betreuer an einer Partie teilnimmt. Grundsätzlich seien das machbar, urteilen Fachleute. Laborkapazitäten gebe es genug. Aber ist es auch vertretbar gegenüber der Bevölkerung? Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit den Bedenken, die Experten aus der Labordiagnostik und der Virologie äußern.

Ist der Zeitpunkt für einen Re-Start schon gegeben? Ab Montag greifen in Bundesländern wie Sachsen oder Sachsen-Anhalt erste Lockerungen der Kontaktsperren, mit denen in den vergangenen Wochen die Geschwindigkeit der Corona-Pandemie gestoppt werden sollte. Kann diese auch der Fußball für sich beanspruchen? Fakt ist: Trainert werden darf seit zwei Wochen schon wieder, aber eine Spielgenehmigung vor leeren Rängen steht noch aus. Erwartet wird eine Entscheidung seitens der Politik bis zum 30. April, wie etwa RB Leipzigs Geschäftsführer Oliver Mintzlaff hofft. Professor Uwe G. Liebert, Leiter des Instituts für Virologie der Universität Leipzig, wünscht dem Fußball Geduld. RBlive sagte er: "Im Moment würde ich, wenn ein Bundesligist meinen Rat haben wollte, sagen: Überlegt euch das gut. Könnt ihr nicht noch ein paar Wochen warten? In ein paar Wochen hätten wir hoffentlich den Gipfel der Infektion überstanden. Es deutet sich ein bisschen an, dass die Kurve abflacht. Ob es Anfang Mai ratsam ist? Könnte sein. Eine gute Bewertung der Gesamtsituation bekommt man nicht in den nächsten 14 Tagen hin."

Welche Rolle spielt der R-Faktor? Er ist aktuell der magische Buchstabe schlechthin: das R. In der Epidemiologie bezeichnet er vereinfacht gesagt den Wert, mit dem sich ein Virus reproduziert, sprich von einem Menschen auf den anderen übergeht. Alles unter 1 verlangsamt eine Epidemie wie die aktuelle des Corona-Virus, dann steckt ein Mensch durchschnittlich "nur" einen weiteren an. Alles darüber beschleunigt die Ausbreitung, alles darunter bremst sie. Laut Robert-Koch-Institut liegt der Wert gerade bei 0,7. "Wenn man das erreicht, kann man über vieles nachdenken", sagt Liebert, der allerdings gern die Restriktion bis 0,5 aufrechterhalten hätte. "Die Gefahr ist da, dass die Infektionszahlen nach der Lockerung wieder ansteigen. Wir schauen derzeit alle nach China und Wuhan, wo die massiven Kontaktsperren gelockert wurden, wohlwissend, dass nicht alle Zahlen freigegeben werden oder Propaganda dahintersteckt. Auch Italien und Österreich wollen ihre Restriktionen lockern, das ist interessant für uns, denn beide Länder sind uns in der Entwicklung der Virus-Epidemie ca. zwei bis drei Wochen voraus."

Sonderrolle für den Fußball - gerechtfertigt oder nicht? Bislang wird nur getestet, wer Anzeichen einer Infektion hat. Diese müssen den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts weitgehend entsprechend. Beim Fußball wären Tests auf das Sars-CoV2-Virus medizinisch also nicht indiziert und gerechtfertigt. Er bräuchte eine Sondergenehmigung. Darf er die für sich beanspruchen? Daran scheiden sich die Geister. Dr. Kai Gutensohn, Ärztlicher Leiter des aescuLabors in Hamburg und Chef Nord der amedes-Gruppe, die am Tag über Tausend Corona-Tests durchführt, spricht den Widerspruch gegenüber RBlive aus: "Die Frage ist: Stellt man Reagenz, das in Teilen limitiert war, jetzt aber wieder vermehrt zur Verfügung steht, einer Thematik zur Verfügung, die nicht medizinisch begründet ist. Sprich, wir haben 'Brot und Spiele' auf der einen Seite und die Wahrung der medizinischen Versorgung des Kranken und Ethik auf der anderen Seite. Vereinfacht ausgedrückt: Wenn jemand krank wird, erwartet er, dass Testkapazität frei ist und in Bereichen eingesetzt wird, die an vorderster Front der Krankenbehandlung stehen."

Lesen Sie an dieser Stelle morgen Teil 3: Was sagen Ämter und Politiker? (RBlive/mhe/ukr)