RB LeipzigExperiment gescheitert: RB Leipzig braucht einen Torjäger
RB Leipzig hat alles, was es braucht, um Meister werden zu können: einen guten Torhüter, eine sichere Abwehr und ein spielstarkes, dynamisches Mittelfeld. Doch es fehlt etwas Entscheidendes: ein treffsicherer Stürmer. Einer, der mit dem Selbstverständnis Tore macht, die nur ein Torjäger hat. Das wurde beim 0:1 gegen den FC Bayern überdeutlich, als RB wie bereits im gesamten Saisonverlauf Topchancen vergab. „Wenn wir einen hätten, der 15, 16, 17 Tore schießt, hätten wir das Spiel heute nicht verloren”, sagte Trainer Julian Nagelsmann. Und er fügte hinzu, dass dann auch die Partien gegen Köln (0:0), Mainz (2:3) und Borussia Dortmund (1:3) anders verlaufen wären. Mit anderen Worten: mit ebendiesem gesuchten Stürmer wäre das Titelrennen noch nicht entschieden.
Dass RB die Bayern so intensiv bespielte wie nie zuvor und erstmals mehr Ballbesitz hatte, beeindruckte Nagelsmann nicht besonders. „Ich muss mir keinen Respekt erarbeiten, sondern ich will gewinnen. Es geht darum, aus unseren erspielten Chancen, mehr Tore zu erzielen. Das ist ein Schritt, den wir gehen müssen”, sagte er.
Wie Fremdkörper: Spiel von RB Leipzig ist nicht auf die Stürmer zugeschnitten
Natürlich können junge Spieler wie Dani Olmo und Christopher Nkunku noch deutlich an Torgefahr und Treffsicherheit zulegen. Doch keiner der beiden ist ein Torjäger, dem zuverlässig 15 bis 20 Tore pro Saison gewinnen. Und die vorhandenen Angreifer passen bis auf Justin Kluivert, der aber auch kein Vollblut- sondern Flügelstürmer ist, nicht in Nagelsmanns neues System. Das Spiel ist ebensowenig auf den langen Alexander Sörloth zugeschnitten wie auf den schnellen Hee-chan Hwang. Wenn die Stürmer ins Spiel kommen, wirken sie nicht selten wie Fremdkörper.
Nagelsmann hatte sich vielmehr zu Saisonbeginn dazu entschieden, nach dem Vorbild von Manchester City zu spielen. Durch das spielerische Übergewicht, so das Kalkül, landet der Ball irgendwann automatisch im Tor. Auch der designierte englische Meister hat keinen echten Goalgetter. Genau wie bei RB ist in Ilkay Gündogan ein Mittelfeldspieler der beste Torschütze (zwölf Treffer), der allerdings doppelt so viele Tore erzielt hat wie die besten Leipziger.
RB wollte nach dem Abgang von Timo Werner aus der Not eine Tugend machen und durch 16 verschiedene Torschützen – genausoviele wie bei ManCity – maximal unausrechenbar sein und als erste Mannschaft der Bundesliga ohne Torjäger Meister werden. Ein nachvollziehbarer Plan. Doch zumindest in dieser Saison ist das Exempel, das RB statuieren wollte, gescheitert. Nicht nur die Spitzenteams hierzulande haben mindestens einen Stürmer, der zweistellig trifft, sondern auch Hoffenheim (Kramaric, 14 Treffer), Stuttgart (Kalajdzic, 13) und Union Berlin (Kruse, 10). Das gilt übrigens auch für alle Überraschungs-Meister der vergangenen 25 Jahre: Dortmund hatte bei seinen letzten drei Meisterschaften Lucas Barrios (16), Robert Lewandowski (22) und Marcio Amoroso (18); der VfL Wolfsburg das Traumduo Grafite und Edin Dzeko (zusammen 54 Tore), Stuttgart Mario Gomez (14) und Cacau (13), Werder Bremen Ailton (28) und der 1. FC Kaiserslautern Olaf Marschall (21).
Prototyp: André Silva
RB sucht also einen spielstarken Mittelstürmer-Stürmer, der ins Ballbesitz-System passt und etwa Emil Forsberg als falschen Neuner ablösen kann. Ein Auftrag an Manager Oliver Mintzlaff und Sportdirektor Markus Krösche, einen solchen Mann zu finden. Der von Ajax Amsterdam verpflichtete Brian Brobbey (19) könnte sich eines Tages zu einem solchen Knipser entwickeln – aber sicher noch nicht in der kommenden Saison. Um realistisch den Titel angreifen zu können, benötigt RB einen spielstarken und auf Topniveau erfahrenen Mittelstürmer wie etwa Frankfurts André Silva. Da ist Kreativität auf dem Transfermarkt gefordert, einen Spieler zu entdecken, der wie Silva in Frankfurt in diese Rolle hineinwachsen kann. Übrigens: Auch bei Leipzigs Schwesterklub in Salzburg haben sie wieder einen Kandidaten: Patson Daka hat in der Liga schon 20 Tore erzielt.
(RBlive/ukr)