Konsequente Rückkehr zur Transfer-DNA Tragen die Boyband-Wechsel zum Titel?
RB Leipzig hat sich in der zurückliegenden Wechselperiode so hervorragend und so jung verstärkt, wie lange nicht mehr. Ein Alleinstellungsmerkmal unter den Topteams in der Bundesliga. Sportchef Marcel Schäfer erklärt, weshalb sich die Transferphilosophie und Titelambitionen nicht ausschließen.
Leipzig – Antonio Nusa und Arthur Vermeeren sind 19 Jahre jung, Assan Ouédraogo erst 18, Maarten Vandevoordt 22 und Lutsharel Geertruida gilt mit 24 schon als erfahrener Teamleader. RB Leipzig hat sich mit der Verpflichtung dieser Boyband wieder auf seine Kernkompetenz besonnen und sich so jung verstärkt, wie seit seinen frühen Bundesligajahren nicht mehr – und wie kein anderer Topklub in der Liga. In den vergangenen Jahren waren die Leipziger immer mal von diesem Weg abgewichen, hatten etwa André Silva geholt und Timo Werner zurückgeholt, die ihre Blütejahre bereits hinter sich hatten.
Schäfer: „Seine DNA sollte man nicht verändern”
Doch unter Sportdirektor Rouven Schröder und dem neuen Sportchef Marcel Schäfer haben die Leipziger wieder puristisch den Kurs eingeschlagen, den Transfer-Vordenker Ralf Rangnick einst vorgab. Zwar ist Schäfer nach einem guten Monat im Amt noch dabei, sich in Leipzigs Straßen zurechtzufinden. Doch was seine Vorstellungen bezüglich der Transferstrategie angeht, ist der Weg des 40-Jährigen klar: „Seinen Weg, seine DNA sollte man nicht verändern. Wenn man alles über den Haufen schmeißt, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis es richtig kracht”, erklärte er in einer Medienrunde.
Nun hatten auch die Leipziger im vergangenen Jahr immer mal nach Leverkusen geschielt, wo sie ihre Transferpolitik geändert, reife Spieler wie Granit Xhaka und Jonas Hofmann dazugeholt hatten und prompt Deutscher Meister wurden. Doch das, stellt Schäfer klar, ist nicht die Strategie von RB. Zum einen wollen die RB-Macher das Profil als erste Adresse für Toptalente weiter schärfen. Zum anderen gehört es zum Geschäftsmodell, das ist klare Ansage von Investor und Sponsor Red Bull, nach Jahren der Investition mehr Transferüberschuss zu erwirtschaften, um auch aus eigener Kraft rentabel zu sein.
„Wenig Zeit, wenn man über so große Ziele redet”
„Das ist Teil der Strategie. Wir werden jedes Jahr Transfers tätigen müssen, das gehört dazu. Zum einen, weil wir eine Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen haben, zum anderen auch, weil wir unseren Weg bestätigen wollen”, sagte Schäfer. In diesem Jahr ist das unter anderem durch die Abgänge von Dani Olmo und Mohamed Simakan und wohl überlegte Ausgaben mit einem Transferplus von 53,25 Millionen eindrucksvoll gelungen – damit hat Rasenballsport von allen Bundesligaklubs am besten gewirtschaftet.
Doch die Gretchenfrage bei RB bleibt, ob diese Taktik eines Tages auch zum Meistertitel trägt. „Die Philosophie und der Weg stehen über allem”, betonte Schäfer. „Das bedeutet, wir werden Spieler verlieren, die eine wichtige Rolle gespielt haben, und versuchen, wieder neue zu bekommen. Das heißt, dass man vielleicht dann auch wenig Zeit hat, wenn man über so große Ziele redet”, so der langjährige Wolfsburger.
Kader fein ausbalanciert
Dennoch verfolgen sie bei RB das ehrgeizige Ziel, eines Tages ganz oben zu stehen – mit ihrer Methode. „Ich mag es, wenn man nach dem Maximum strebt. Ob das klappt, kann man nie versprechen", räumte Schäfer ein. Für Erfolge gebe es keine Garantie. „Aber ich glaube, wir haben die Voraussetzungen, um Titel mitzuspielen.”
In der Tat ist der Kader in diesem Jahr fein ausbalanciert. Erfahrene wie Peter Gulacsi, Willi Orban und Benjamin Henrichs bilden das Gerüst. Zahlreiche Akteure wie Benjamin Sesko, Lois Openda, Castello Lukeba und Xavi Simons werden im zweiten Jahr in Leipzig ihr Leistungsvermögen noch besser abrufen können. Und Zugänge wie Nusa und Geertruida verstärken das Team auf Anhieb. Nun ist Trainer Marco Rose in der Pflicht, das fraglos vorhandene Potenzial der Spieler auch im Ensemble zutage zu fördern
Zwei Schönheitsfehler in diesem Transferfenster
Zwei Schönheitsfehler finden sich bei genauerem Hinsehen freilich auch: Zum einen geht RB mit nur einem Spezialisten auf der Linksverteidiger-Position ins Rennen – David Raum. Doch das Risiko nehmen die Planer bewusst in Kauf, weil auch andere wie Henrichs, Lukeba und Bitshiabu die Position bekleiden können. Doch länger verletzen sollte sich Raum nicht.
Zum anderen haben es die Manager nicht geschafft, Leih-Rückkehrer Silva zu verkaufen. Der Topverdiener geht so als Stürmer Nummer vier in die Saison, nimmt seine Situation aber hochprofessionell an, wie man hört und führt die vielen jungen Spieler. Am Mittwoch leitete er die vielen Nachwuchsspieler als einer der wenigen verbliebenen Profis beim 3:1-Testspielsieg gegen Meuselwitz an und traf zum zwischenzeitlichen 3:0.