„Win-Win-Situation” Die Erlösung: Warum Werner nicht jubelte
Timo Werner jubelte nicht, er bremste, nachdem er den Ball aus nahezu unmöglichem Winkel noch ins Tor geballert hatte. Er hob und senkte seine rechte Hand auf Hüfthöhe, als wolle er die sich Bahn brechende Euphorie nach unten drücken. Schön die Bälle flachhalten, liebe Leute, sollte das heißen. Nach 161 Tagen hat Werner wieder mal ein Tor geschossen – das entscheidende beim 1:0-Auswärtssieg von RB Leipzig in Mönchengladbach. Für die lange Flaute war er zuvor in der Öffentlichkeit heftig kritisiert und von seinem Trainer Marco Rose zur Reaktion aufgefordert worden: „Timo muss sich wehren.” Da wollte er nicht einfach zur Jubel-Tagesordnung übergehen.
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Kurz sah es so aus, als würde Werner auch diese Topchance nach tollem Steckpass von Xavi Simons nicht nutzen. Gladbachs junger Keeper Moritz Nicolas hatte dem Stürmer den Ball mit den Fingerspitzen aus der optimalen Schussposition gespitzelt. Doch Werner zog einfach mit der ganzen Wut und Enttäuschung der vergangenen Wochen ab, traf den Innenpfosten, von dem der Ball ins Tor prallte. Ein Traumtor, das nur die wenigsten Bundesligastürmer erzielen.
Werner freut sich „innerlich extrem”
Der Torjäger von RB Leipzig genoss sein Siegtor in Mönchengladbach mit den Mitspielern, die sich um ihn scharten und ihm Mut zusprachen. Es tat gut, endlich mal wieder der Held zu sein. Dann machte er sich nach dem 1:0-Erfolg früh auf den Weg zum Mannschaftsbus. „Das ist doch normal, dass er jetzt nicht ausrastet. Ich glaube, dass er sich innerlich extrem freut. Er ist ein ganz wichtiger Baustein für unsere Mannschaft und hat sich nie hängen lassen”, befand Mitspieler Kevin Kampl nach dem vierten Bundesligasieg in Serie.
Auch Trainer Marco Rose freute sich für seinen Stürmer, der zuletzt in einer Torkrise steckte und im Angriff bei RB derzeit nur vierte Wahl ist. Der ehemalige Gladbacher Coach setzte sich in der 70. Minute vor der Einwechslung kurz neben seinen Stürmer und erinnerte ihn an seine Qualitäten. „Das hat er dann hervorragend umgesetzt”, sagte Rose. „Das sollte ihm gut tun und Auftrieb geben. Da gehört natürlich noch einiges mehr dazu. Wichtig ist, dass er dranbleibt, und dass ich ihm immer wieder das Vertrauen schenke. So wie heute. So war das heute eine Win-Win-Situation”, erklärte Rose.
Rose: „Wichtig, dass er mit der Situation richtig umgeht”
Die Unterstützung vom Trainer und in der Mannschaft ist dem Leipziger Rekordtorjäger gewiss. „Man hat gemerkt, dass es für ihn nicht einfach ist. Umso wichtiger ist es, sich nicht hängenzulassen. Er hat weiter gearbeitet, ist ruhig geblieben und hat die Mannschaft immer gepusht”, sagte Kampl. Die Klasse von Werner sei unbestritten: „Timo hat Qualitäten, die nicht jeder Spieler hat. Und wir sind auf diese Qualitäten angewiesen im Laufe der Saison. Er wird auch wieder seine Spiele von Beginn an machen”, sagte Kampl.
Im Borussia-Park war Werner übrigens nicht zum ersten Mal Matchwinner für sein Team. Vor vier Jahren führte er RB Leipzig mit einem Dreierpack zum 3:1-Erfolg gegen die Gladbacher und ließ sich dafür anschließend auch ausgiebig feiern. Dass er diesmal nicht öffentlich sprach, hat Rose wahrscheinlich auch gefallen. „Wichtig ist, dass er mit der Situation richtig umgeht”, befand der Trainer.
Werner gegen Wiesbaden in der Startelf?
„Das war ein hart erarbeiteter Sieg und ich bin sehr einverstanden, wie wir diese Situation annehmen”, sagte Rose nach der anstrengenden englischen Woche mit dem erfolgreichen Einstand in der Champions League beim 3:1-Sieg gegen Young Boys Bern.
Dass nach dieser Woche noch nicht alles gepasst habe, sei nicht überraschend, befand Kampl. Und auch den nächsten Gegner werde man nicht unterschätzen. „Auch das Pokalspiel beim SV Wehen Wiesbaden am Mittwoch wird ein schwieriges Spiel”, warnte Kampl. Dann vielleicht auch wieder mit Timo Werner in der Startformation.