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„Riesiger Rattenschwanz” Experte warnt vor Folgen gescheiterter CL-Qualifikation

RB Leipzig steht vor vier Szenarien: Von Champions League bis Verpassen des Europapokals. Die Auswirkungen für den Klub beschreibt Wirtschaftsexperte Henning Zülch.

09.05.2025, 05:00
Nachteile für die Messestadt ohne Champions League: Choreo der RB-Fans gegen Real Madrid.
Nachteile für die Messestadt ohne Champions League: Choreo der RB-Fans gegen Real Madrid. (Foto: imago/motivio)

Leipzig – Es hat sich eine gewisse Machtlosigkeit breitgemacht am Cottaweg. Nach langen Monaten des Drucks wissen die Leipziger Spieler vor den letzten beiden Bundesligaspielen dieser Saison bei Werder Bremen und in der kommenden Woche gegen den Pokalfinalisten VfB Stuttgart (beide Sa., 15.30 Uhr), dass schon einiges zusammenkommen muss, um das große Ziel Champions League noch zu erreichen.

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„Alles kann passieren. Wir haben unsere Arbeit zu machen und versuchen, beide Spiele zu gewinnen, der Rest liegt bei den anderen Teams”, sagt Toptorjäger Benjamin Sesko. „Wir hoffen weiter, einen Champions-League-Slot zu bekommen, aber wir müssen auch auf Ausrutscher der beiden anderen Teams hoffen.” Realismus statt lauter Töne. So reichen die Leipziger den Druck an die besser platzierten Konkurrenten BVB und SC Freiburg weiter, wollen wieder etwas zu gewinnen haben, anstatt ständig nur etwas zu verlieren.

„Auch für RB Leipzig keine Peanuts”

Es sind zwar nur zwei Punkte, die RB aktuell von der „Königsklasse” trennen; aber es sind auch nur drei Zähler auf Rang sieben ohne jedwede Europapokal-Teilnahme.

Bis auf die Ausnahme 2018 hatte Rasenballsport die Champions League stets so selbstverständlich gebucht wie eine Fahrkarte für die Leipziger Tram. Ein Platz im Milliardenspiel ist fest eingepreist in den Planungen der Leipziger – finanziell und personell ebenso wie hinsichtlich des Selbstverständnisses.

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Selbst die völlig verkorkste Europapokal-Kampagne in dieser Saison spülte RB um die 60 Millionen Euro in die Kassen. „Das sind auch für RB Leipzig keine Peanuts, das Geld müsste man erstmal anderweitig einnehmen, auch hinsichtlich der Liquiditätsplanung für Gehälter, die Verpflichtung neuer Talente und das Halten von Spielern”, sagt Fußball-Finanzexperte Henning Zülch. In Europa League und Conference League müssten die Leipziger je nach Erfolg gar nur mit etwa einem Zehntel der Champions-League-Einnahmen auskommen.

„RB braucht die maximale Sichtbarkeit”

Zülch, Professor an der Leipziger Wirtschaftshochschule HHL, macht drei große Komplexe aus, in denen sich eine Saison ohne Champions League niederschlagen würde: Sponsoring und Markenwert, Kaderplanung und Wettbewerbsfähigkeit. „Das ist ein Spirale, die dann einsetzt. Da hängt ein riesiger Rattenschwanz dran, das kann man nicht wegdiskutieren”, sagt der Fachmann.

Ein mögliches Verpassen von Champions und Euro League würde die internationale Sichtbarkeit schmälern und dadurch die Attraktivität für zusätzliche Sponsoren neben Red Bull, die für das Klubwachstum dringend benötigt werden, verringern. „RB braucht die permanente, maximale Sichtbarkeit in der Champions League, um zu signalisieren, dass man zur Speerspitze im europäischen Fußball gehört”, schätzt Zülch ein. „Alles unterhalb der Champions League ist für den Klub nicht akzeptabel.”

Schlechtes Image durch Teilnahme an der Conference League?

Eine Saison mit Teilnahme an der Europa League wäre für die Leipziger „das Mindeste”. In der bisher einzigen kompletten EL-Saison 2018/19 entwickelte der damalige Trainer Ralf Rangnick eine regelrechte Abneigung gegen den Wettbewerb, schickte stets eine B-Elf auf den Rasen, mit der der Klub in einem nur zu einem Drittel gefüllten Stadion durch ein 1:1 gegen Rosenborg Trondheim nach der Gruppenphase scheiterte. Bei der Conference League müsse der Klub sogar überlegen, „welche Auswirkungen das auf das Image des Klubs als einem europäischen Spitzenklub haben kann”, sagt Zülch.

Hinsichtlich der Kaderplanung entstünden beim Werben um Talente wie den heiß begehrten Jobe Bellingham (AFC Sunderland), der jüngere Bruder von Weltstar Jude, Nachteile gegenüber den Konkurrenten mit dem Trumpf Champions League. Auch bei hohen Einnahmen für Xavi Simons, Castello Lukeba und Benjamin Sesko dürfte es schwierig werden, gleichwertigen Ersatz zu finden. Das führt zu Punkt drei, der Wettbewerbsfähigkeit, um sich mit mehr Qualität im kommenden Jahr direkt wieder für die CL zu qualifizieren.Die Frage, die beim Verpassen der Champions League immer im Raum stehe, laute laut Zülch: „Hat dieser Rückschritt Folgen für die weitere Entwicklung des Klubs?”

RB will Spieler mit Charakter – egal ob in der Champions League oder ohne Europapokal

Im Klub selbst demonstrieren sie Gelassenheit. Man sei auf alle vier Szenarien vorbereitet, heißt es aus der Akademie. Der Klub sei mit Projekten wie der neuen Geschäftsstelle, Erweiterung der Trainingsgeländes und neuen Partnern stark gefestigt. Mögliche Finanzlücken sollen vor allem durch Transfers gestopft werden, da ohnehin ein großer Umbruch im Kader bevorsteht. Und ein Gutes hat die ungewisse Situation vielleicht auch: Sport-Geschäftsführer  Marcel Schäfer & Co. fahnden nach Spielern mit Charakter und Führungsstärke, die Lust auf Leipzig haben und dafür zur Not auch mal eine Saison ohne Europapokal im Kauf nehmen würden, um stärker zurückzukommen. Noch aber besteht ja die Chance, die verkorkste Saison doch noch auf Rang vier abzuschließen.