RB LeipzigSi o no? Ralf Rangnick grübelt über Offerte des AC Milan
4:2 (0:0) gegen Spitzenreiter Juventus Turin – der AC Milan zeigte am Dienstagabend, wozu der 18-malige italienische Meister fähig ist. Adrien Rabiot (47. Minute) und Cristiano Ronaldo (53.) hatten Juve nach der Pause in Führung geschossen, doch Zlatan Ibrahimovic (62./Handelfmeter), Franck Kessié (66.), Rafael Leao (67.) und der Ex-Leipziger Ante Rebic (80.) drehten die Begegnung noch zugunsten der Gastgeber. Damit kletterte das Team auf Rang fünf in die ersehnten Europa-League-Ränge.
Am Tag des großen Spiels hatte die Gazzetta dello Sport und andere italienische Medien und Korrespondenten vermeldet, dass sich Milan mit Ralf Rangnick auf einen Drei-Jahres-Vertrag geeinigt hätte. Der Fußball-Chefentwickler von Red Bull soll zur neuen Saison mit aller Macht ausgestattet werden, hieß es. Als technischer Direktor, wenn er mag auch als Trainer und sogar als Chef der medizinischen Abteilung. Acht Mitarbeiter dürfe Rangnick mitbringen, heißt es. Darunter soll Hartberg-Trainer Markus Schopp sein, wird gerüchtelt. Eine Machtfülle, wie es sie im italienischen Fußball eigentlich nicht gibt.
Großbaustelle AC Milan
Ivan Gazidis, Milans griechisch-südafrikanischer Geschäftsführer, wolle Rangnick unbedingt, um den wankenden Großklub umfassend zu reformieren, heißt es. Allein, laut MZ-/RBlive-Informationen ist Rangnick selbst noch höchst unentschlossen, ob er die Offerte annehmen soll. Der 62-Jährige wägt derzeit Für und Wider ab.
Für das Abenteuer spricht die reizvolle Aufgabe, den schlummernden Riesen Milan wecken zu können. Rangnick reizt es, auf den Spuren seines Vorbilds Arrigo Sacchi zu wandeln, der mit Milan Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre taktische Meilensteine setzte, Titel in Serie holte und den jungen Trainer Rangnick inspirierte. Die nötige Machtfülle würde Gazidis seinem Wunschtrainer wohl verschaffen, Geld von Klubeigner und Multimilliardär Paul Elliott Singer, der einen milliardenschweren Immobilien-Hedgefonds betreibt, ist auch genügend vorhanden.
Doch Rangnick hegt auch Bedenken. Dazu zählt, dass er bei Milan keine Hausmacht hat, kein Italienisch spricht und es im Verein durchaus Strömungen gibt, die eine Inthronisierung des Deutschen aus der schwäbischen Provinz skeptisch betrachten. Der Kader ist mit 26,5 Jahren zwar vertretbar alt, doch dass der wertvollste Spieler Torwart Gianluigi Donnarumma ist, sagt einiges aus. Milan hatte vor dem Spiel gegen Juve in 30 Spielen nur 39 Tore geschossen, bester Torjäger ist mit Rebic (zehn Tore) ein alter Bekannter Rangnicks. Rangnick müsste den Kader peu á peu umbauen. Fünf Verträge laufen dieses Jahr aus, unter anderem der von Ibrahimovic (38).
Verbaut sich Rangnick andere Job-Optionen?
Noch ist sich Rangnick unsicher, ob er das Wagnis Milan tatsächlich eingehen und den Job als einflussreicher Berater gleich dreier Red-Bull-Klubs aufgeben soll. Auch, weil er dann nicht mehr auf dem Markt wäre, falls Angebote aus England oder einer interessanten Nationalmannschaft – im besten Falle der deutschen – eingehen sollten. Der Job als Bundestrainer oder einer anderen renommierten Fußballnation sowie die Premier League sind nach wie vor Rangnicks Traumziele, die Serie A zählte eigentlich nie dazu.
Während in Italien schon munter Fakten geschaffen werden, gibt es bei Rangnick also noch viele offene Fragen. Das betrifft auch seinen aktuellen Arbeitgeber Red Bull, der eigens für Rangnick vor einem Jahr neue Strukturen geschaffen hatte. Das Know-how und das Netzwerk des Fußballentwicklers wären nur schwer zu ersetzen. Mögliche Nachfolgekandidaten für ihn gibt es noch nicht – zumindest nicht öffentlich. (RBlive/ukr/mit dpa)