19. Mai 2009 Vereinsgründung von RB Leipzig: Wie das Red-Bull-Konstrukt Realität wurde
RB Leipzig feiert am 19. Mai 2020 seinen elften Geburtstag. Der Klub postete zur Feier des Tages in den sozialen Netzwerken eine Foto-Collage. RBlive veröffentlicht einen Auszug aus dem Buch „RB Leipzig – Der moderne Fußball” (Werkstatt-Verlag) von Buch- und RBlive-Autor Ullrich Kroemer zur Zeit rund um den Gründungstag vor elf Jahren:
Zur Legendenbildung taugt der 19. Mai nicht. Denn der offizielle Vereinsgeburtstag ist lediglich der Tag, an dem 2009 die Gründung von Rasenballsport Leipzig e.V. ins Vereinsregister des Amtsgerichtes eingetragen wurde. Ein reiner Verwaltungsakt. Die Gründungsversammlung – und damit die eigentliche Geburtsstunde — hatte bereits am 25. März jenes Jahres stattgefunden. Am 7. Mai fand eine satzungsändernde Mitgliederversammlung statt.
Die ersten Mitglieder waren zunächst vor allem Mitarbeiter von Red Bull, die sich bis dato mit dem Projekt befasst hatten. Gründungspräsident war der Spielerberater Andreas Sadlo, den Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz aufgrund persönlicher Kontakte mit dem Projekt betraut hatte. Red-Bull-Mitarbeiter Markus Egger war als erster Fußballverantwortlicher des österreichischen Getränke- und Marketinggiganten ebenso im ersten Vorstand. Aber auch externe Berater wie der Rechtsanwalt Lutz Lehmann aus Halle waren darunter. Unter den ersten sieben Mitgliedern war auch Volker Ströbele, ein Sportrechtler aus der Kanzlei von Staranwalt Christoph Schickhardt, der RB von Beginn an beraten hatte.
Der Vereinsname Rasenballsport war im Vorfeld wohl in einem Gespräch zwischen Sadlo und Egger geboren worden. Es gab noch zwei, drei weitere Namensvarianten; unter anderem Roter Ball soll in der engeren Auswahl gewesen sein. Doch die Verbindung zum Fußball sowie die Abkürzung RB, die freilich auch den Initialen des Geldgebers entsprechen sollte, fanden die Gründer in Rasenballsport am besten wieder.
An jenem 19. Mai vor elf Jahren wurde hinter den Kulissen eilig an dem neuen Vereinskonstrukt gestrickt. Sadlo & Co. hatten erst im Mai 2009 Verhandlungen mit dem Mutterklub SSV Markranstädt aufgenommen. Der vorherige Favorit FC Eilenburg stieg trotz Anschubfinanzierung in die sechste Liga ab, woraufhin sich Red Bull vom FC Eilenburg ab- und Markranstädt zuwandte.
Das erste offizielle Gespräch zwischen Vertretern des 1990 gegründeten SSV Markranstädt und Red Bull fand im Mai 2009 im Büro von Markranstädts damaligem Präsidenten Holger Nussbaum statt. Der potenzielle Investor war durch Sadlo und Egger vertreten, für den SSV war neben Nussbaum und einem weiteren Vorstandsmitglied auch der spätere SSV-Präsident Dr. Andreas Stammkötter dabei, damals noch als juristischer Berater des Klubs.
Markranstädt wollte zunächst mit Red Bull zusammenarbeiten
Bei diesem Treffen machten die Bosse des frischgegründeten Vereins Rasenballsport Leipzig e.V. deutlich, dass sie die Lizenz der Markranstädter kaufen wollten — und das möglichst schnell. Weil sich der FC Eilenburg selbst disqualifiziert hatte, war Mateschitz’ Fußballmachern die Zeit davongelaufen. „RB hatte richtig Zeitdruck, wollte unbedingt im Sommer loslegen“, erinnert sich Stammkötter. Von einer zunächst von den Markranstädtern favorisierten Zusammenarbeit beider Vereine wollten die Österreicher nichts wissen. Stattdessen war Red Bull zunächst nur an der ersten Mannschaft des SSV interessiert. „Wir hätten gern ein wenig Einfluss genommen“, sagt Stammkötter, „aber es war klar, dass RB sein eigenes Ding durchziehen will.“
Nach weiteren geheimen Treffen mit Vertretern der Verbände von Sächsischem Fußball-Verband und NOFV, in denen die Umsetzbarkeit abgeklopft wurde, waren sich die Markranstädter schnell einig, dass sie sich diese Chance nicht entgehen lassen würden. Um das Vorhaben umzusetzen, genügte ein Vorstandsbeschluss, die Mitglieder des SSV Markranstädt wurden lediglich bei der Mitgliederversammlung über die Pläne informiert — weitgehend ohne Widerstände. „Die interne Kommunikation verlief einfacher, als ich es mir vorgestellt hatte“, sagt Stammkötter, der die Verträge mit Red Bull entwarf und aushandelte.
Starke Verhandlungsposition: Markranstädt war für Red Bull der einzige übriggebliebene Verein
Dazu trug auch die gesamtwirtschaftliche Situation in Deutschland bei. Die Weltwirtschaftskrise war in Deutschland angekommen. „Viele Sponsoren hatten uns signalisiert, dass sie ihr Engagement nicht aufrechterhalten können. Gleichzeitig wussten wir“, so der Jurist, „dass wir eine unheimlich starke Verhandlungsposition hatten, weil wir der einzige Verein waren, der für Red Bull übrig geblieben war.“ Stammkötter glaubt: „Hätte es mit uns nicht geklappt, hätte RB Leipzig 2009/10 nicht in der fünften Liga Fußball spielen können.”
Der Deal ging dann so über die Bühne: Nicht nur die erste Mannschaft, sondern die gesamte Herrenabteilung wechselten für ein Jahr zu RB Leipzig. Dazu gehörte auch die Übertragung aller Vertragsverhältnisse der Spieler und der weiteren Angestellten. Platzwart, Geschäftsstellenmitarbeiter, Physiotherapeuten und Trainer waren nun bei RB angestellt. Stammkötter muss noch heute darüber schmunzeln, dass so plötzlich auch das Altherrenteam der Markranstädter im Trikot der „Roten Bullen“ auflief. Nach einer Saison ohne Männer-Fußballspielbetrieb beim SSV kehrten die Teams 2010 zurück nach Markranstädt — bis auf die erste Mannschaft. Die blieb bei RB und ist nun elf Jahre später ein Spitzenteam in Bundesliga und Champions League. (RBlive/ukr)