RB LeipzigDie gekauften Tore: RB Leipzig sucht historische Torgestänge aus Lotte
Im Klartext-Verlag ist dieser Tage in der Reihe „Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten” ein neues Büchlein über RB Leipzig erschienen. Autor ist RBLive-/MZ-Reporter Ullrich Kroemer. In dem Band werden etwa 60 Geschichten und Anekdoten aus zwölf Jahren RB Leipzig erzählt. RBlive veröffentlicht eine davon. In „Die gekauften Tore”geht es um einen Moment, den die Protagonisten als den emotionalsten aller Aufstiege wahrgenommen haben: den Aufstieg in Lotte.
Der Fanansturm auf das kleine Lotter Stadion mitten auf einem Acker war gewaltig. Neben den etwa 2500 RB-Fans, die sich in das 4000-Einwohner-Dorf aufgemacht hatten, war auch eine vierstellige Zahl an Anhängern aus dem gesamten Osten gekommen, die sich mit Lotte gegen RB verbündeten. So erzählt es Alfons Manikowski, Stadionheftmacher und wandelndes Vereinslexikon der Lotter.
Lotte wurde von Lok, Jena, Chemnitz, Halle, Rostock unterstützt
Fans von Lok, Jena, Chemnitz, Halle und Rostock hatten sich dort auf der Tribüne gegen RB zusammengeschlossen. Mit offiziell 5604 Fans war das Stadion restlos ausverkauft. Sicher waren unter der Hand ein paar mehr Zuschauer gekommen. Aus dem thüringischen Weimar wurde von RB-Gegnern kurzerhand „Radio Lotte” ins Leben gerufen, um die Gastgeber zu unterstützen. Die Sportfreunde schickten sogar Trikots zum Verlosen in die Stadt Goethes und Schillers.
Für die Lotter sind diese Spiele gegen RB noch immer legendär, da sie bis dato nie dagewesenes Interesse hervorriefen. Zur Wende war der Klub gerade aus der Bezirksliga aufgestiegen, es folgten vier weitere Aufstiege bis in die viertklassige Regionalliga, wo 2013 die erste Meisterschaft gelang, RBL aber den Sprung in die 3. Liga gerade so verhinderte.
RB Leipzig baggerte an Willers und ließ Torgehäuse ausgraben
Nach dem dramatischen Rückspiel in der Aufstiegs-Relegation (2:2) und dem befreienden Aufstieg in die 3. Liga eilte Rangnick auf den Rasen, umarmte Lottes Innenverteidiger Tobias Willers, der sowohl ins Leipziger als auch ins eigene Tor getroffen hatte, und bot ihm noch auf dem Platz einen Vertrag bei RB an. Am Tag danach, so erzählen sie es sich in Lotte, unterschrieb er bei Rasenballsport.
Und noch etwas entführte Rangnick aus dem Lotter Stadion: die Tore. Um eines Tages ein RB-Museum aufzubauen, ließ er die bereits angejahrten Torgestänge in der Sommerpause ausgraben und spendierte den Lottern neue Gehäuse. Laut Manikowski hing der Querbalken schon ein bisschen durch. Mit einem Sattelschlepper wurden die 7,32 Meter mal 2,44 Meter großen Ungetüme als Museumsstücke nach Leipzig verfrachtet.
Rangnick weiß nicht mehr, wo die Tore lagern
Nur dort wurden sie offensichtlich so gut eingemottet, dass sie aktuell knapp zehn Jahre danach nicht auffindbar sind. Nachfragen beim Klub und auch bei Rangnick führten nicht weiter. Ins Flugzeug nach Moskau hätten sie nicht reingepasst, ließ Rangnick mitteilen, der aktuell als Berater für den russischen Klub Lok Moskau tätig ist. Nicht, dass die Relikte – potenzielle Höhepunkt einer künftigen RB-Ausstellung – bei aller Rasanz unter die Rabusche gekommen sind, wie man in Sachsen sagt. Doch zwei Fußballtore sind schließlich kein Programmheft, das man einfach verlegt. Eintrittskarten, Trikots, Stadionhefte und Wimpel werden bei RB sicherer verwahrt, um sie eines Tages auszustellen. (RBlive)