Ex-RB-Kapitäne zeigen klare Kante gegen Rechts „Es ist unsere verdammte Pflicht, das zu tun”
Deutliche Worte von Dominik Kaiser und Johanna Kaiser: Bei einer Talk- und Lese-Veranstaltung bezogen die langjährigen RB-Kapitäne angenehm deutlich Stellung gegen Rechtsextremismus und sprachen auch über Nachholbedarf im Nachwuchs bei RB Leipzig in puncto psychologische Betreuung.
Leipzig/RBlive – Die Atmosphäre der Lese- und Talkveranstaltung mit den Ex-RB-Kapitänen Johanna Kaiser und Dominik Kaiser am Freitagabend anlässlich der Buchmesse war offen und gelöst. Dazu trug einerseits der ungewöhnliche Ort in dem Design-Einrichtungsgeschäft „Zeitlos wohnen und schlafen” in der Gottschedstraße bei; die etwa 50 Zuhörer hatten es sich auf Couches, Betten und Designer-Stühlen bequem gemacht. Andererseits auch die Moderation des Schweizers Beat Toniolo, dem es gelang, eine vertrauliche Gesprächskultur ohne Schere im Kopf zu schaffen.
Dazu hatte das Setting seinen Reiz: Buchautor Ullrich Kroemer las die Kapitel aus seinem Buch „Elf Helden” (22 Euro, Werkstatt-Verlag) über Johanna und Dominik Kaiser vor, diese hörten die Passagen teils zum ersten Mal und gespannt zu. In den sehr persönlichen, porträtierenden Stories geht es um die besonderen Wege von elf (Ex-)RB-Spielern, die die Protagonisten bis in den Profifußball führten.
Dominik Kaiser: „Wir haben im Profifußball die Verantwortung, uns klar gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Diskriminierung zu positionieren,”
Doch Toniolo lenkte das Gespräch auch auf Themen wie psychische Erkrankungen im Nachwuchs-Leistungssport und die gesellschaftliche und politische Aufgabe des Fußballs. Die beiden langjährigen Spielführer ihrer Teams, die sich kurioserweise zum ersten Mal begegneten, zeigten diesbezüglich klare Kante.
Angesprochen auf das gesellschaftliche und politische Klima gerade im ländlichen Raum in Ostdeutschland, wo im Wahljahr 2024 die AfD in Sachsen (34 Prozent), Thüringen (29 Prozent) und Brandenburg (28 Prozent) in den Umfragen jeweils stärkste Kraft ist, bezog Dominik Kaiser klar Stellung. „Wir im Profifußball bekommen viel mediale Aufmerksamkeit und haben angesichts der Tendenzen in unserer Gesellschaft auch die Verantwortung, uns klar gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Diskriminierung zu positionieren”, sagte der 35-Jährige unmissverständlich. „Es ist unsere verdammte Pflicht, das zu tun!” So deutlich hat sich wohl noch kein RB-Verantwortlicher geäußert.
Johanna Kaiser: „Sport und Fußball waren schon immer politisch.”
Johanna Kaiser, die im vergangenen Sommer ihre Karriere beendet und nun als Wissenschaftlerin in der Kinder- und Jugendpsychologie der Universität Leipzig tätig ist, ergänzte: „Ich höre immer noch, Politik habe im Stadion nichts verloren. Dabei war Sport und insbesondere Fußball schon immer politisch. Wir haben die gesellschaftliche Verantwortung, uns einzubringen.”
Der Landkreis um Toniolos Wahlheimat Zeitz etwa, nur 45 Kilometer von Leipzig entfernt, wird von dem AfD-Abgeordneten Lothar Waehler im Landtag Sachsen-Anhalts vertreten.
Tabuthema psychische Erkrankungen im Sport aufbrechen
Doch selbst ein Klub wie RB Leipzig ist keine Blase, in der Ressentiments nicht vorkommen würden. Erst kürzlich hatte der Klub zwei U19-Spieler des Vereins verwiesen, weil diese Mitspieler massiv rassistisch diskriminiert hatten. Herausgekommen war das, weil sich Mitspieler einem Teampsychologen geöffnet hatten.
Gerade unter dem besonderen Druck des Nachwuchsleistungssports ist psychologische Betreuung immens wichtig, unterstrich Johanna Kaiser. „Psychische Erkrankungen an sich sind ein Tabuthema im Sport. Mir geht es darum, dafür zu sensibilisieren und das aufzubrechen”, so die Wissenschaftlerin und Therapeutin. „Ich fühle mich in meiner Rolle an der Uni sehr wohl, weil wir eine unabhängige Institution sind und Sportlerinnen und Sportler sicher sein können, dass nichts von den vertraulichen Gesprächen dort zu Trainern oder in den Verein dringt.”
Nachholbedarf bei der sportpsychologischen Betreuung im RB-Nachwuchs
Doch selbst ein Klub wie Rasenballsport ist diesbezüglich nicht optimal aufgestellt. Bei den Frauen und Mädchen gibt es im Nachwuchs gar keine Sportpsychologen und im Bundesligateam lediglich eine Kollegin, die die Spielerinnen der ersten Mannschaft zehn Stunden pro Woche betreut. Auch im männlichen Nachwuchs sind derzeit Stellen unbesetzt.
„Die sportpsychologische Betreuung ist ein wichtiges Thema bei RB Leipzig – gerade im Nachwuchs”, betonte Dominik Kaiser, der das Career Center bei RB leitet und den Übergang von der Jugend in den Profibereich verantwortet. „Wir sind aktuell dabei, uns in diesem Feld noch breiter aufzustellen. Wir haben den Anspruch, nicht nur gut, sondern auch in diesem Bereich die Besten zu werden”, so Kaiser.
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Beide Ex-Kapitäne gehen in ihren neuen Jobs voll auf. „Mir geht es sehr gut mit der Entscheidung”, sagte Johanna Kaiser. „Ich habe 15 Jahre Leistungssport betrieben und genieße die Unabhängigkeit und Freiheit, mich mal nicht in Vereinsstrukturen zu befinden.” Den Kontakt zu ihrem Team hält sie natürlich, zwei Spielerinnen waren als Gäste zum Lese-Talk gekommen. „An den Spieltagen bin ich jetzt als Zuschauerin hinter der Bande dabei und drücke den Mädels die Daumen”, so Kaiser.