Gewinner im Trainingslager Mit Mumm aus dem Schatten: die Pichlarn-Elf
RB Leipzig beendet heute sein Vorbereitungslager auf die neue Saison. Diese elf Spieler haben sich während der sechs Tage im Ennstal besonders hervorgetan.
Wer spielt sich in den Vordergrund, wer verliert die Gunst des Trainers oder den Anschluss an die Stammspieler: Diese Fragen stellen sich immer am Ende eines Saisonvorbereitungslagers, in dem Fußballlehrer einen besonders intensiven Eindruck vom Leistungsstand und den seelischen Verfassungen ihrer Spieler bekommen.
Talente an der Tischtennisplatte
Das gilt auch für Beobachter, die wie die beiden RBlive-Reporter Martin Henkel und Ullrich Kroemer im Fall von RB Leipzig mit vor Ort waren im Trainingscamp in Aigen, Österreich. Aus ihren Beobachtungen von den neun öffentlichen Übungseinheiten auf dem Platz des ortsansässigen ATV Irdning und Eindrücken von den Aktivitäten drumherum haben sie eine Trainingslager-Elf zusammengestellt.
Tor:
Janis Blaswich: Die neue Nummer zwei im Team des Pokalsiegers nach Stammkeeper Peter Gulacsi kam aufgrund eines nicht näher definierten "Infektes" erst am Dienstag im Ennstal an. Der 31 Jahre alte "Neue" im Team ist ein Handlungsreisender des Fußballs. Er war bereits Torhüter in Gladbach, Dresden, Rostock und zuletzt bei Heracles Almelo. Ein alter Hase also, der in den Testspielen seine Erfahrung durch lautstarkes Ordnen seiner Vorderleute unter Beweis stellte. Auch im Freibad am Putterersee machte er am freien Tag eine gute Figur, während sich sein Torhüter-Kollege Gulacsi im Hotel die Zeit vertrieb.
Abwehr:
Nordi Mukiele: Gerüchten zufolge soll der Franzose verkauft werden. Ein Verlust wär's, denn der Rechtsfuss wiederholte im Boot-Camp seine aufsteigende Form aus den letzten Spielen der vergangenen Saison. Würde man den wankelmütigen Abwehrmann stabil bekommen, wäre an ihm auf der rechten Flanke kein Vorbeikommen. Bewies auch an der Tischtennisplatte große Fähigkeiten und hielt Brian Brobbey oft bei Laune, der als Wechselkandidat von Trainer Domenico Tedesco von den meisten Spielformen im Training ferngehalten wurde.
Willi Orban: Ein Duell mit der RB-Lichtgestalt Christopher Nkunku beim Elf gegen Elf in der vorletzten Einheit bewies: Am Abwehrchef ist kein Vorbeikommen. Obwohl später am Ball positionierte sich der 29-jährige Pfälzer Bub' so, dass er Nkunku nach dessen Körperfinte den Ball trotzdem spielerisch abnahm. Unterstrich auch im RBlive-Interview seine Führungsqualitäten, als er mit Selbstvertrauen zugab, im Pokalfinale gegen Freiburg nach dem 0:1 und der Roten Karten gegen Halstenberg kurzzeitig gedacht zu haben: "Lass' reingehen, wir haben es wieder versemmelt."
Marcel Halstenberg: "´Halste" scheint in der Form seines Lebens zu sein. Trug als einziger jeden Tag ein ärmelfreies Muskelshirt im Training. Gerade rechtzeitig, um Zaungast Danny Röhl, früher bei RB angestellt, jetzt "Rechte Hand" von Bundestrainer Hansi Flick, zu beeindrucken. Zog nach Ballgewinnen immer wieder mit beeindruckender Dynamik über die linke Seite das Tempo an und zeigte den „jungen Hüpfern”, wie er sagte, wo es langgeht. Machte auch alle Teenager am Putterersee kirre, als er im Freibad vom Sprungturm mit einem exzellenten Amateursalto ins Wasser sprang.
Sanoussy Ba: Newcomer aus der U-19, den man hinter vorgehaltener Hand als den neuen Ibrahima Konaté bezeichnet. Zeigte nicht nur Eleganz am Ball und ein solides Abwehrverhalten, sondern bewies gegen die "Großen" auch, dass er Mumm besitzt. Ließ den einen oder anderen Millionär schon mal mit einer Körpertäuschung ins Leere laufen. Wächst da doch endlich der erste Jugendspieler heran, der es dauerhaft in den A-Kader schafft?
Mittelfeld:
Xaver Schlager: Der Österreicher fühlte sich beim Trainingscamp in seiner Heimat pudelwohl und zeigte sich topfit. Es hätte nicht verwundert, wenn er zwischen zwei Trainingseinheiten mit kurzer Radlerhose und dem zum Dutt gebundenen Zopf noch schnell auf den Hausberg Grimming gekraxelt wäre. Schlager grätschte und eroberte Bälle, trieb das Spiel an und spielte auf dem verkleinerten Trainingsfeld präzise Bälle zwischen den engen Abwehrreihen hindurch. Der Ex-Wolfsburger wird von Beginn an ein Gewinn für RB sein.
Konrad Laimer: Er könnte streiken oder sich im Training ein wenig hängen lassen, weil er wohl am liebsten zum FC Bayern wechseln würde. Aber das entspricht nicht dem Naturell von Konrad Laimer. Der Antreiber war voll motiviert, hielt sich oft weiter vorn auf als gewohnt und zeigte sich torgefährlich. Sollte er bleiben, wird er nicht schmollen, sondern sein letztes Vertragsjahr bei RB nutzen.
Dani Olmo: Der Spanier könnte in der neuen Saison einen ähnlichen Sprung machen wie Christopher Nkunku in der vergangenen Spielzeit. Olmo ist ausgeruht und hat die WM in Katar vor sich. Im Ennstal zeigte er bereits starke Frühform und wird zum nächsten Unterschiedsspieler von Rasenballsport reifen.
Emil Forsberg: Der alte Schwede strahlte auf dem Trainingsplatz viel Spielfreude aus, war schnell im Kopf und auf den Beinen, kombinierte in Hochgeschwindigkeit. Angestachelt vom starken Konkurrenzkampf auf seiner Position gibt Forsberg schon in der Vorbereitung alles.
Sturm:
Christopher Nkunku: Wer gedacht hat, dass „Christo” nach einer Topsaison mit der Wahl zum besten Spieler 2021/22 und Interesse aus ganz Europa abheben könnte, irrt sich. Der Franzose ist ganz bei sich, schob im Trainingslager am freien Tag eine Extraeinheit, bekannte sich langfristig zu RB Leipzig und bestach in den Trainingsspielen mit Eleganz am Ball und Mannschaftsdienlichkeit zugleich. Fußballerisch ein internationaler Topstar, der sich aber nicht wie ein solcher aufführt – besser geht es nicht.
Alexander Sörloth: Der Norweger zeigte zwei Gesichter. In vielen Einheiten und Spielformen ist er präsenter, selbstbewusster und ballsicherer als 2020/21. Im Spiel am Freitag jedoch tauchte er wieder ab. Der Schattenspieler muss jedoch dauerhaft aus der Mitläufer-Rolle treten, um eine Chance bei RB zu haben und dem Kader weiterhelfen zu können. Das Testspiel gegen Southampton wird mehr Aufschluss bringen.