Kommentar zur Flaute bei RB In diesem entscheidenden Punkt irren Rose & Co.
Trainer und Verantwortliche diagnostizieren mangelnde Intensität und Mentalität nach Führungen als Ursachen für die Malaise bei RB. Doch keiner spricht an, woran es eigentlich hapert.
Leipzig – Wie Marco Rose sich nach schwachen Leistungen vor seine Mannschaft stellt, ist ehrenwert. Er sucht die Ursachen lieber bei sich selbst, anstatt seine Spieler öffentlich zu kritisieren. Wenn er zu dem Schluss kommt, dass er nicht in der Lage war, dem Team das nötige Feuer zu verleihen, schwächt er damit seine eigene Position, um die Spieler zu schützen. Doch in einem Punkt dürften der Trainer und auch Sportchef Marcel Schäfer irren.
Mantraartig sucht Rose die Ursachen in mangelnder Intensität und Aggressivität. Und tatsächlich sind die Leipziger gegen Hoffenheim knapp sechs Kilometer weniger gelaufen und haben 60 Prozent der Zweikämpfe verloren – vor allem auch die wichtigen direkt vor den Toren. Schäfer machte ein Mentalitätsproblem nach Führungstreffern aus.
Zu wenig Rüstzeug
Doch keiner spricht an, wo es tatsächlich klemmt: an der mangelnden Struktur und Eindimensionalität in der Spielsteuerung. Das, was etwa Julian Nagelsmann lockenden Ballbesitz nannte – Ballbesitz als Gegenpressing-Verstärker –, ist nicht zu sehen. Vielmehr hat sich das Team in der Gesamtschau spielerisch zurückentwickelt. Natürlich hängt das auch mit dem Abgang von Dani Olmo zusammen und vor allem den Verletzungen von Taktgeber Xaver Schlager und Spielmacher Xavi Simons. Doch wenn das Spiel einer Mannschaft an ein, zwei Akteuren hängt, zeugt das auch davon, dass die, die da sind, zu wenig Rüstzeug haben, um mehr Spielkontrolle herzustellen.
Rose aber analysierte mit Verweis auf die drei erzielten Tore: „Inhaltlich haben wir kein Thema.” Heißt: Was spielerische Abläufe, Spielstruktur und Positionsspiel angeht, ist er grundsätzlich zufrieden. Aber genau darin dürfte der Schlüssel liegen, um wieder mehr Reife und Raffinesse in das Leipziger Spiel zu bringen.
Es braucht nicht mehr Feuer, sondern mehr Mittel
Das ist kein neues Problem, sondern war bereits in der Vorsaison Thema und Dauer-Kritikpunkt. In der Winterpause vor einem Jahr im spanischen La Manga thematisierte Rose das auch ausgiebig im Training und ließ das Team neue Strategien erarbeiten. Doch seither fand diesbezüglich keine Entwicklung mehr statt. In den öffentlichen Analysen des derzeitigen „Ergebnis- und Leistungsproblems” (Rose) spielt das Thema Spielanlage kaum eine Rolle.
Es braucht also eher keine feurigeren Kabinenansprachen von Rose, sondern die in Teilen junge Mannschaft muss mehr spielerische Mittel und Ideen an die Hand bekommen, um sich jenseits individueller Formkurven wieder als Team zu entwickeln und in Zeiten von Dauerbelastung und Verletztenmisere nicht nur auf immer höhere Intensität angewiesen zu sein, die die Spieler gerade nicht leisten können. Das sollten Trainerteam und Verantwortliche grundlegend erkennen und ehrlich ansprechen, um den freien Fall zu stoppen und die hohen Ansprüche zu erreichen.