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RB Leipzig"Ohne RB Leipzig würde ich nicht da stehen, wo ich bin": SC Freiburgs Stürmer Demirovic über prägende Jahre in Sachsen

05.04.2021, 13:01
Ermedin Demirovic (l.) im Duell mit Dayot Upamecano.
Ermedin Demirovic (l.) im Duell mit Dayot Upamecano. imago images/Picture Point LE

Ermedin Demirovic ist eine der positiven Überraschungen in der Fußball-Bundesliga 2020/21. Der Neuzugang des SC Freiburg stieg mit vier Toren und neun Vorlagen auf Anhieb zum zweitbesten Scorer der Streich-Elf auf. Ausgebildet wurde der 23-Jährige aus Hamburg 2014 bis 2017 in der U17 und U19 von RB Leipzig. Im Interview mit Mitteldeutsche Zeitung/RBlive spricht Demirovic über seine prägende Zeit in Sachsen, seine Partie gegen Lionel Messi im Camp Nou, Ziele mit der bosnischen Nationalmannschaft und seine Botschaft an den Fußball-Nachwuchs.

Interview: Thomas Fritz

Herr Demirovic, Sie haben sich auf Anhieb in der Bundesliga durchgesetzt, sind Leistungsträger beim SC Freiburg. Haben Sie erwartet, dass es so schnell so gut läuft?
Ich habe es natürlich gehofft. Aber dass es so gut läuft, hat meine eigenen Erwartungen übertroffen, obwohl ich es mir grundsätzlich zugetraut habe. Die Bundesliga ist in Sachen Geschwindigkeit, Taktik und Athletik im Vergleich zur Schweizer Super League, wo ich davor für St. Gallen gespielt habe, schon eine andere Hausnummer.

Was ist das Ziel mit dem Klub und für Sie persönlich in der restlichen Saison?
Wir sind Zehnter, es läuft gut für uns. Mal schauen, ob am Ende der Saison noch was nach oben möglich ist. Persönlich habe ich mir keine Ziele gesetzt, also keine bestimmte Anzahl an Toren, die ich schießen möchte. Ich will mir keinen unnötigen Druck machen, sondern einfach alles dafür geben, dass wir noch so viele Spiele wie möglich gewinnen.

Was macht den besonderen Charme des Sportclub aus? Geht es wirklich menschlicher, persönlicher zu?
Auf jeden Fall. Der Zusammenhalt ist sehr groß, der Wohlfühlfaktor ist hier riesig. Hier sind wirklich alle wie eine große Familie. Das geht bis hin zum Trainer Christian Streich, der aber auch mal klare Ansagen und machen und laut werden kann, wenn er nicht zufrieden ist.

Demirovic spricht (ein wenig) Sächsisch

Sie sind in Hamburg geboren, spielen aber für die bosnische Nationalmannschaft. Träumen Sie von einem großen Turnier mit Bosnien?
Ich bin stolzer Bosnier. Natürlich ist das ein Traum, einmal mit Bosnien bei einer EM oder WM zu spielen. Aber jetzt bin ich erstmal glücklich, dass ich mein Länderspieldebüt hinter mich gebracht habe.

Sie waren drei Jahr für RB Leipzig aktiv. Kennen Sie noch ein paar Sächsische Begriffe?
Ja. Mein Leipzsch lob` ich mir. (lacht)

Das Zitat stammt von Goethe!
Mehr weiß ich leider nicht mehr.

In der Rückrunde haben Sie erstmals gegen ihren Ex-Verein gespielt. War das etwas Besonderes?
Auf jeden Fall. Ich habe RB sehr viel zu verdanken. Das war ein absolutes Highlight für mich.

Bei Tor gegen RB: "Einen Salto hätte ich bestimmt nicht geschlagen"

Mit einem Tor hat es bei der 0:3-Niederlage nicht geklappt. Hätten Sie bei einem Treffer emotional gejubelt oder eher zurückhaltend?
Darüber habe ich mir keine großen Gedanken gemacht im Vorfeld. Einen Salto hätte ich bestimmt nicht geschlagen. Wahrscheinlich hätte ich mich ganz normal gefreut.

Sie sind der erste bei RB ausgebildete Spieler mit einem Tor in der Bundesliga. Wie fühlt sich das an, einen kleinen Teil der RB-Geschichte mitgeschrieben zu haben?
Sehr gut fühlt sich das an. Das macht mich schon ein bisschen stolz. Ich hoffe, es kommen noch viele Tore dazu.

Können Sie sich noch an Ihr erstes Pflichtspiel für RB erinnern im August 2014?
Das muss beim 5:0 gegen Magdeburg gewesen sein. Ich habe zwei Tore geschossen. Am Ende des Jahres haben wir im B-Junioren-Halbfinale gegen Borussia Dortmund gespielt. Mit der A-Jugend habe ich in der selben Saison auch im Halbfinale gestanden. Es gibt viele tolle Erinnerungen an die Zeit in Leipzig. Mit meinen vielen früheren Mitspielern habe ich noch regelmäßig Kontakt. Vitaly Janelt, der ja auch aus Hamburg kommt, Idrissa Touré oder Julian Chabot zum Beispiel.

Sie haben für die U17 und U19 von RB Leipzig 41 Treffer in 82 Spielen erzielt, waren Kapitän der U19. Wie sehr hat Sie die Zeit geprägt?
Ich sage immer: Ohne die drei Jahre bei RB Leipzig würde ich heute nicht da stehen, wo ich bin. Ich habe dort ganz viel gelernt – fußballerisch und menschlich und bin in meiner persönlichen Entwicklung gereift. Die Nachwuchsarbeit war schon damals sehr professionell. Im Nachwuchszentrum des Hamburger SV wurde mir nahe gelegt, dass es mit dem Fußball nichts wird und ich mir einen richtigen Beruf suchen soll. Das war hart, ich war am Boden zerstört.

In Leipzig...
...ging es wieder nach oben. Dort haben die Trainer – ob Robert Klauß, Frank Leicht oder Achim Beierlorzer  – an mich geglaubt. Auch wenn das einige Leute in Fußballdeutschland nicht gerne hören: RB hat einen Platz in meinem Herzen und wird immer wichtig für mich bleiben.

Und Ihr Heimatverein HSV?
Der natürlich auch (lacht).

Debüt in Spanien gegen Lionel Messi

Es hat damals nicht für die erste Mannschaft gereicht. War das eine große Entäuschung?
Es war schon lange vor meinen Vertragsende im Sommer 2017 absehbar, dass es nicht für den Sprung in die erste Mannschaft reichen wird. Im Sturm haben damals Timo Werner und Yussuf Poulsen gespielt, im Sommer kamen Jean-Kevin Augustin und Bruma dazu. RB hatte sich für die Champions League qualifiziert. Das war für mich keine Überraschung. Der Klub hat mir einen Transfer zum FC Liefering angeboten. Aber das war damals nicht der richtige Schritt für mich. Also bin ich nach Spanien gegangen.

In Spanien haben Sie mit Alaves im Januar 2018 Ihr Debüt gegen den FC Barcelona im Camp Nou gefeiert, als sie kurz vor Schluss eingewechselt wurden. Haben Sie sich getraut, Lionel Messi nach Schlusspfiff anzusprechen?
Das war eine unwirkliche Erfahrung, Messi auf dem Platz spielen zu sehen. Wir haben alle Schlange gestanden, um ihm die Hand zu schütteln. Ich habe mit Ivan Rakitic das Trikot getauscht und mit ihm ein bisschen gesprochen. Der ist ja Kroate, da versteht man sich.

Gibt es einen Traumverein, bei dem Sie gerne mal spielen würden?
Nein, den gibt es nicht. Ich will jetzt alles dafür tun, in den kommenden Jahren in Freiburg der beste Spieler zu werden, der ich sein kann.

Und falls RB irgendwann wieder anklopfen sollte?
Wenn es passiert, dass RB mich wieder haben will, dann würde es bedeuten, dass ich ein sehr sehr guter Stürmer geworden bin. Das würde mich stolz machen. Aber niemand weiß, was in vier, fünf Jahren sein wird.

Wenn Sie Ihre Karriere einmal beendet haben werden, was sollen die Leute dann über Ermedin Demirovic sagen?
Dass er hart gearbeitet hat, sich nach oben gekämpft hat und auf dem Boden geblieben ist. Niemand hat mir was geschenkt, ich musste mir alles erarbeiten. Beim HSV wurde mir nahe gelegt, mit dem Fußball aufzuhören. Und auch in Alaves und bei meinen anderen Stationen vor dem Wechsel nach St. Gallen war es manchmal schwierig. Ich musste mich durchbeißen, keiner hat mir was geschenkt. Trotzdem spiele ich heute eine gute Rolle in der Bundesliga, bin bosnischer Nationalspieler. Das ist meine Botschaft an den Nachwuchs: Verliert nicht den Glauben.