„Wir kämpfen mit uns selbst” Red-Bull-Chef übt Sport- und Gesellschaftskritik
Oliver Mintzlaff, RB Leipzigs Aufsichtsrat und Red-Bull-CEO, gab bei der Spobis-Tagung seltene Einblicke in seine Sicht auf die Dinge abseits des sportlichen Tagesgeschäfts und übte dabei generelle Kritik an der Entwicklung von Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Sport hier in Deutschland.
![Finger in die Wunde: Oliver Mintzlaff.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/07/9c235592-533f-4a72-8e51-c6557455b125.jpeg?rect=0%2C0%2C4000%2C2250&w=1024&auto=format)
Hamburg/Leipzig – Oliver Mintzlaff ist es als langjähriger Chef von RB Leipzig und nun als CEO von Red Bull gewohnt, mit massiver Kritik aus der Fußballbranche umzugehen. Doch als „Bürger”, sagte er beim Talk auf der Sportbusinesskongress Spobis am Mittwoch in Hamburg, störe ihn das „schnelle Urteilen über Menschen und deren Entscheidungen – das finde ich schon erschreckend”, so der 49-Jährige in einem recht persönlichen Gespräch mit Spobis-Geschäftsführer Marco Klewenhagen.
Weltweit sei etwa die Verpflichtung von Jürgen Klopp zu 95 Prozent positiv bewertet worden, in Deutschland halten sich Zustimmung und Kritik die Waage. Diese oftmals zu negative Betrachtung sei ein „Phänomen hier in Deutschland”, beobachtet Mintzlaff. „Ich kann immer nur appellieren, dass wir toleranter und offener mit Dingen umgehen, weil wir uns sonst selbst im Weg stehen.”
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„Wir stehen uns in vielen Dingen im Weg”
Generell werde in Deutschland zu viel zerredet. „Wir suchen ja per se nur noch das Negative”, findet Mintzlaff. Social-Media-Kommentare und unqualifizierte Äußerungen führten „zu einer Entwicklung, die unserem Land nicht guttut”.
Mintzlaff übertrug seine Gesellschaftskritik auch auf Politik, Wirtschaft und Sport. Vieles sei zu „bürokratisch”. Der Multimillionär sagte: „Wir kämpfen mit uns selbst. In allen anderen Ländern, die ich bereise und in denen wir engagiert sind, sind die Türen deutlich offener als in Deutschland. Wir setzen hier einfach die falschen Prioritäten.”
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Mintzlaff gegen „Wegschieben der Leistungsgesellschaft”
Das spüre man auch im Sport, „dieses Wegschieben der Leistungsgesellschaft, die das Land ja zu dem gemacht hat, was es ist, das halte ich für einen großen Fehler”, so der gebürtige Bonner. Als Beispiele nannte er „sinnlose Diskussionen, die wir über Bundesjugendspiele führen oder dass Tore nicht mehr gezählt werden”.
Damit spielte Mintzlaff auf das in diesem Jahr vom DFB verbindlich eingeführte neue Spielsystem in den unteren Nachwuchs-Jahrgängen im Vereinsfußball an, wo Punktspiele nach Funino-Spielprinzip ausgetragen werden. Mintzlaff meint, dass das „unserer Entwicklung, unseren Kindern und auch dem Leistungsgedanken nicht guttut, den wir nicht nur im Sport, sondern auch in dieser Gesellschaft brauchen.”
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Insbesondere in den USA imponiere ihm „die Offenheit, die Innovation, der Innovationswille, auch weniger Bürokratismus”. Er finde es faszinierend, wie auch im Sport mutige Unternehmer agieren, die sich „auch mal etwas wagen, die investieren und das Risiko kalkulieren.”