RB Leipzig„Restriktion geschickt umgehen”: Experte vergleicht Eigenkapital-Beschaffung bei RB Leipzig und Eintracht Frankfurt
Der Aufschrei aus Frankfurt war groß, als durch die Veröffentlichung der Jahresbilanz im vergangenen Jahr bekannt wurde, dass Red Bull 100 Millionen Euro Schulden in eine Kapitalrücklage, also Eigenkapital, bei RB Leipzig umgewandelt hat. Ohne weitere Anteile zu erhalten, Red Bull besitzt ja bereits 99 Prozent der RB Leipzig GmbH, kaufte sich der Investor aus Fuschl am See sozusagen nachträglich ein. Bei der Gründung der RBL-GmbH hatte Red Bull nur den Mindesteinsatz von 2,5 Millionen Euro hinterlegt.
Eintracht Frankfurts Vorstandsmitglied Axel Hellmann hatte das Gebaren damals im Kicker scharf kritisiert. „Das Geschäftsmodell von RB Leipzig ist hochdefizitär und der sportliche Erfolg ‚auf Pump‘ errichtet“, sagte der Finanzexperte. Und legte weiter nach: „Die gerne erzählte Geschichte, es handele sich bei den Zuwendungen des RB-Konzerns um eine Investition in ein sich tragendes Geschäftsmodell, darf – Stand jetzt – als Gute-Nacht-Geschichte bezeichnet werden. Insofern unterscheidet sich das RB-Modell nicht von den bei anderen europäischen Klubs engagierten Staatsfonds.” Ziel der Leipziger sei es, für die Zukunft „Platz zu schaffen für weiteres Fremdkapital, um die eigene sportliche Wettbewerbsposition national und international auszubauen“.
Kein anderer Klub mochte sich damals zum rein rechtlich nicht anfechtbaren Kniff der Leipziger äußern – schon gar nicht derart polterig.
Eintracht-Finanzvorstand Frankenbach: „Bereits 2018 mit Weitblick gelungen, Finanzierungskonzepte zu erarbeiten”
Interessant in dem Zusammenhang ist nun, dass die Eintracht bereits 2018 ebenso einen Finanztrick eingeleitet hatte, der dem Ligafünften nun 22 Millionen Euro mehr Eigenkapital einbrachte. „Ich freue mich, dass es uns bereits 2018 mit Weitblick gelungen ist, Finanzierungskonzepte zu erarbeiten, die wir jetzt umsetzen konnten”, sagte Oliver Frankenbach als Finanzvorstand der Eintracht Frankfurt Fußball AG im April.
Bilanz- und Wirtschaftsexperte Ludwig Hierl, Professor an der DHBW Heilbronn, erklärte das Modell jüngst im Kicker in einer Expertenkolumne (Print, 25. Mai):
„Von Wertsteigerungen bei abgegebenen Unternehmensanteilen profitiert ein Unternehmen normalerweise nicht, sondern allein der Investor. Fürs Unternehmen besteht lediglich die Aussicht, weitere Anteile zu einem höheren Preis emittieren zu können. Eintracht Frankfurt hat eine Lösung gefunden, diese Restriktion geschickt zu umgehen. Aufgrund einer Vereinbarung mit den bisherigen Anteilseignern konnte die Fußball AG bereits abgegebene Aktien (z. B. zum Preis von 100 Euro je Anteil) zurückkaufen (z. B. für 120 Euro). Anschließend wurden diese zurückgekauften Anteile an die Herzschlag Eintracht GmbH als neuen Investor, aber auch wieder an die schon zuvor bestehenden Investoren verkauft (z. B. für 180 Euro). Sowohl das Eigenkapital als auch der Kontostand können in diesem fiktiven Beispiel um 60 Euro je Anteil gestärkt werden. Bei der Eintracht hat sich der geschilderte Effekt in diesem Jahr nach Angaben des Finanzvorstands auf ein Plus von 22 Millionen Euro summiert.”
Kurz: Frankfurt kaufte Anteile zurück, um sie dann wenig später für mehr Geld an die drei gleichen und einen neuen Anteilseigner zu veräußern.
Hierl hält das für eine „durchaus vergleichbare Art sein Eigenkapital zu erhöhen” wie RB Leipzig das getan hat. „Bilanziell ist dies ebenso wie in Frankfurt über die Buchung einer sogenannten Kapitalrücklage abzubilden. Wenn RB Leipzig die Anteile von Red Bull zunächst zurückgekauft, dann mit Aufpreis wieder an Red Bull verkauft und mit dem Geld erst zu einem späteren Zeitpunkt die Schulden gegenüber Red Bull bezahlt hätte, hätte sich das Ergebnis nicht verändert – und der Übereinstimmungsgrad mit dem Frankfurter Modell wäre noch höher gewesen”, führt Hierl aus. (RBlive/ukr)