RB Leipzig„Was, wenn RB Leipzig in der Situation wäre?” Dynamos Löwe erneuert Kritik an der DFL

Auch am Tag danach war die Wut von Dresdens Chris Löwe auf die DFL noch nicht verflogen. „Was mich so aufgewühlt hat: Wenn du am Ende in einem fairen Wettbewerb absteigst, dann musst du dir am Ende selbst an die Nase fassen, weil es einfach nicht gereicht hat. Jetzt aber habe ich das Gefühl - und ich spreche für den ganzen Verein -, dass uns etwas geklaut wurde”, sagte der Verteidiger des Zweitligisten Dynamo Dresden am Freitag bei Sport 1.
Löwes Klub Dynamo Dresden prüft rechtliche Schritte, um den Abstieg vor Gericht zu verhindern. „Das bedeutet auch, dass wir alle juristischen Möglichkeiten im Sinne von Dynamo Dresden ausschöpfen werden, um gegen diese Ungerechtigkeit vorzugehen, wenn wir damit Aussicht auf Erfolg haben", sagte der kaufmännische Geschäftsführer Michael Born am Freitag bei Sport im Osten im MDR.
Am Abend zuvor hatte das 0:2 bei Holstein Kiel den Abstieg der Sachsen so gut wie besiegelt - was Löwe zu einem emotionalen verbalen Ausbruch und heftiger Kritik an der Deutschen Fußball Liga veranlasste. „Glauben Sie, dass einer in der DFL sich nur eine Sekunde Gedanken macht, was bei uns in den Köpfen vorgeht?”, fragte er mit sich überschlagender Stimme. „Das ist denen alles scheißegal. Wir sind die, die den verfickten Preis bezahlen für den ganzen Scheiß”, schimpfte er. Was den 31-Jährigen derart in Rage versetzte, war der enorm enge Zeitplan für Dynamo nach der coronabedingten Zwangspause.
Ex-Dresdner Uwe Rösler stützt Löwe
Nach einer 14-tägigen häuslichen Quarantäne aufgrund mehrfacher positiver Coronatests waren die Dresdner erst verspätet und mit einem Mammutprogramm von acht Spielen in 22 Tagen in die Restrunde eingestiegen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) wollte sich am Freitag auf Anfrage zunächst nicht dazu äußern, Rückendeckung gab es jedoch von einem Erstliga-Coach. „Sieben Spiele in 19 Tagen. Ich glaube speziell nach einem Re-Start ist das fast nicht machbar für die Dresdner. Das tut mir im Herzen weh, weil ich da eine Zeit gespielt habe”, sagte Uwe Rösler vom abstiegsbedrohten Erstligisten Fortuna Düsseldorf.
Rösler, der selbst von 1990 bis 1992 für Dynamo in der Bundesliga spielte, unterstützte Löwe: „Über die Wortwahl kann man sich immer streiten, aber nicht über die Inhalte, die er gesagt hat.”
Und selbst mit etwas Abstand äußerte sich Löwe immer noch erzürnt und stellte erneut die Frage: „Wäre diese Situation genauso eingetreten, wenn der FC Bayern, Borussia Dortmund oder RB Leipzig in derselben Situation gewesen wären?” Die Antwort lieferte er gleich mit: „Ich glaube, dass dann andere Mittel und Wege gefunden worden wären, um die Saison zu Ende zu spielen. Da kommst du dir schon verarscht vor. Wir sind ja nur ein Zweitligist, der eh absteigt.”
Löwe: „Wettbewerbsverzerrung von ganz besonderem Ausmaß”
Zwar räumte der Profi eine „unterirdische Hinrunde” der Sachsen ein, doch was jetzt passiere, „das ist einfach eine Wettbewerbsverzerrung von ganz besonderem Ausmaß”. Er glaube, dass die Dresdner das einzige Team in Deutschland und wahrscheinlich auch Europa waren, das vor der Wiederaufnahme der Saison in Heim-Quarantäne war - „also nicht in der Lage waren zu laufen, nur Fahrrad gefahren sind und dadurch die körperlichen Voraussetzungen auch noch mal ganz andere waren.”
Bei RB Leipzig waren in Marcel Sabitzer ein Profi und ein Physiotherapeut positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Beide hatten 14 Tage daheim in Quarantäne verbringen müssen. Emil Forsberg hatte wegen einer eitrigen Angina die Team-Isolation am Cottaweg vor dem Restart verpasst.
Dynamo-Trainer Kauczinski: „Spielplan für uns schwerer als für andere”
Löwes Tenor folgte auch Markus Kauczinski. „Auch ich habe daran zu knabbern. Der Spielplan ist für uns schwerer als für andere.” Er sei „vielleicht altmodisch, aber Wettkampf und Chancengleichheit sind für mich das A und O, weil ich mich mit dem, was ich trainiere, auch vergleichen will”, betonte der Dynamo-Trainer.
Der Zweitliga-Tabellenletzte hat nach der dritten Niederlage in Serie kaum noch Chancen auf den Klassenverbleib. Am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) muss der Klub beim SV Sandhausen ran. Dort braucht Dresden dringend einen Sieg sowie Patzer der Konkurrenten Wehen Wiesbaden und Karlsruher SC, sonst ist der dritte Zweitliga-Abstieg der Vereinsgeschichte besiegelt. „Wir wissen noch nicht, wo wir in zwei Tagen die Kraft hernehmen sollen, um wieder aufzustehen”, sagte Kauczinski, versprach aber: „Wir werden wieder aufstehen, und wir werden uns dagegenstemmen und kämpfen.”
Übervoller Kalender: Spieler-Gewerkschaft fordert mehr Schutz
Die Fußballspieler-Gewerkschaft FIFPro hat unterdessen davor gewarnt, die Gesundheit der Profis aus dem Blick zu verlieren. Ein großer Teil der Profifußballer sei bereits vor der Corona-Pandemie überbeansprucht gewesen - durch „fehlende Erholungszeit zwischen den Spielen und unzureichende mentale und physische Ruhe zwischen den Saisons”, heißt es in einer Mitteilung vom Freitag. „Nun sehen wir seit dem Neustart einen ersten Anstieg an Verletzungen aufgrund von unzureichender Vorbereitungszeit und überfüllten Spielplänen.”
„Die Antwort muss besserer und innovativerer Schutz für die Spielergesundheit sein und nicht eine Aushöhlung der wenigen bestehenden Systeme”, kritisiert FIFPro. Die Gewerkschaft fordert unter anderem eine fünf- bis sechswöchige Pause zwischen den Saisons.