RB Leipzig„Es geht mir viel zu langsam” bei RB Leipzig: Hallo-Wach-Rede von Jesse Marsch
LEIPZIG/MZ – Es gab in den vergangenen Monaten viele austauschbare Medienrunden mit RB Leipzigs Trainer Jesse Marsch, in denen er mantraartig die Entwicklung der „Grruppe” im Sinne seines „Fullgas”-Fußballs beschwor. Die Pressekonferenz vor dem Heimspiel der Leipziger gegen Greuther Fürth (15.30 Uhr) gehörte nicht in diese Kategorie. Vielmehr hatte Marsch seinen inhaltlich und energetisch besten Auftritt seit seinem Amtsantritt in der Pleißestadt.
Trotz der 2:3-Niederlage beflügelt vom guten Auftritt in Paris machte er seinen Spielern mächtig Dampf. „Wir können nicht nur vor dem Spiel sagen, wir müssen intensiv spielen und dann auf dem Platz nicht alles bringen. Für mich war das Paris-Spiel, in dem wir All-in gehen und alles bringen mussten, das beste in der ganzen Saison”, sagte der 47-Jährige. „Wir müssen jetzt jedes Spiel so angehen.”
Marsch macht den Presseraum zur Kabine
Der US-Trainer machte den kleinen Presseraum am Cottaweg zur Mannschaftskabine und richtete an die Journalisten eine Ansprache wie an einen seiner Spieler. Marsch nahm drei Finger zu Hilfe und zählte wie für eine To-do-Liste auf, welche drei zentralen Säulen er meint und erwartet:
- Erstens: „Laufleistung, Intensität, Spiel gegen den Ball, Sprinten.”
- Zweitens: Persönlichkeit, auf dem Platz miteinander reden, die Mannschaft organisieren, Mentalität für die schwierigsten Momente, bereit für jede Situation.”
- Und drittens: „Taktisches Verhalten und Disziplin, verstehen, was unser Spielstil generell und der Matchplan für jedes Spiel ist.”
Das Team habe bezüglich der genannten Faktoren schon Fortschritte gemacht. „Aber es geht mir viel zu langsam. Ich habe Geduld, aber wenn wir eine Topmannschaft sein wollen, ist das unerlässlich”, sagte der Ex-Salzburger. Wäre Marsch selbst einer seiner Spieler, „dann würde ich diese drei Dinge jeden Tag durchgehen und dem Trainer sagen: ,Ich muss spielen! Ich bin so wichtig für die Mannschaft, ich zeige diese Dinge jeden Tag, du kannst nicht ohne mich spielen.’”
Marsch: „Nett, positiv, negativ oder ein Arschloch – ich kann all das in einem sein”
Diesen Vortrag, schob der Motivator aus Wisconsin nach, habe er beispielsweise Dominik Szoboszlai bereits zehn Mal in den vergangenen drei Jahren gehalten. Auch von Tyler Adams erwartet der Coach, „mehr Anführer zu sein. Er ist mit 23 Jahren Kapitän der USA, aber zeigt das nicht genug in unserer Gruppe!”, ärgerte er sich. Und auch Benjamin Henrichs, der sich im Kicker über zu wenig Spielzeit beklagt hatte, bekam deutliche Worte zu hören (siehe Extratext). Doch dieses Trio nannte der Coach nur exemplarisch: „Diese Idee eines Spielstils und von Leben in einer Fußballmannschaft müssen wir von allen kriegen. Allen muss klar sein, was wichtig in einer Mannschaft ist”, forderte er.
Nach dieser Hallo-Wach-Rede sollte auch der letzte Akteur begriffen haben, dass Mr. Marsch die Zügel nun an- und auch andere Saiten aufzieht. „Ich bin ein positiver Typ, aber ich bin auch realistisch. Die Balance dazwischen ist wichtig”, betonte der Ex-Mittelfeldspieler. „Das hat nichts damit zu tun, nett, positiv, negativ oder ein Arschloch zu sein – ich kann all das in einem sein”, kommentierte er lächelnd. (RBlive/ukr)