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RB LeipzigCorona-Krise entfacht Debatte über 50+1-Regel im deutschen Fußball neu

Von (sid)
03.04.2020, 16:21
Martin Kind ist in Deutschland der wohl prominenste Vertreter im Kampf gegen die 50+1-Regel.
Martin Kind ist in Deutschland der wohl prominenste Vertreter im Kampf gegen die 50+1-Regel. imago/Joachim Sielski

Martin Kind wittert seine Chance, doch der große Rest der Liga bleibt eher skeptisch: Die Coronakrise hat die Diskussion um die Abschaffung der 50+1-Regel neu entfacht, die Sehnsucht nach finanzstarken Partnern in schwierigen Zeiten wird größer. „Ich persönlich empfehle, dass die Regel fällt. Denn für mich sind Bundesligavereine Wirtschaftsunternehmen“, sagte Geschäftsführer Kind vom Zweitligisten Hannover 96 unlängst im Sport1-Doppelpass.

Kind kämpft seit Jahren für ein Ende von 50+1, die aktuellen Probleme vieler Klubs sind Wasser auf die Mühlen des 76-Jährigen. Tatsächlich signalisieren andere Vereine durchaus Gesprächsbereitschaft. „Es ist in Krisen immer sinnvoll, das gesamte System zu hinterfragen, weil man aus Krisen auch lernen kann“, sagt etwa Horst Heldt. Der Sport-Geschäftsführer des 1. FC Köln schiebt aber gleich hinterher: „Und trotzdem bleibe ich Fußball-Romantiker.“

Bundeskartellamt prüft 50+1-Regel für den deutschen Fußball

Jene Romantiker wehren sich seit jeher gegen eine Verwässerung der 50+1-Regel. Diese verhindert, dass Investoren mehr als die Hälfte der Anteile eines Klubs übernehmen. Deutschland nimmt damit im europäischen Vergleich eine Sonderstellung ein. „In England gibt es die Regel nicht, in Frankreich nicht, in Italien nicht, in der Schweiz, in Österreich, Polen, Russland nicht. Wir sollten endgültige Klarheit schaffen“, sagt Kind.

Aktuell liegt das Thema noch immer beim Bundeskartellamt, nicht nur Kind wartet sehnsüchtig auf eine Antwort. Eine Lockerung schon in der aktuellen Krise sei indes keine Lösung, stellte Christian Seifert klar. „Ich bin kein Freund davon, in Extremsituationen mit Extremszenarien zu antworten“, sagte der DFL-Boss.

Langfristig könnte das indes anders aussehen. Zumal die Schwächen von 50+1 nun offenkundig werden. „Vereine, die einen Mäzen oder einen Konzern hinten dran haben, haben vielleicht einen etwas längeren Atmen“, sagt auch der Vorstandsvorsitzende Stefan Hofmann vom FSV Mainz 05. Aktuell sei jedoch kein guter Zeitpunkt für die Diskussion, auch eine mögliche Ausgliederung der 05er sei kein Thema. „Wir als Mainz 05 fühlen uns sehr wohl in unserem e.V.“, sagte Hofmann.

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Umstritten ist zudem, ob Investoren-Klubs überhaupt einen Vorteil haben. Der VfL Wolfsburg etwa ist extrem abhängig von VW, doch der Autobauer leidet ebenfalls unter der Krise. Auch Chelseas milliardenschwerer Besitzer Roman Abramowitsch hat durch den Börsen-Crash Unsummen verloren. Kind glaubt dennoch an das Modell Chelsea.

„Abramowitsch wird seinen Verein nicht Konkurs gehen lassen, weil er dann sein gesamtes Kapital verliert. Er wird dieses Problem wirtschaftlich lösen und entsprechend Kapital zur Verfügung stellen“, sagte er.

Dann müssen die 36 Vereine entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen

Martin Kind

DFB-Vizepräsident Rainer Koch mahnt zudem zur Differenzierung. „Ein Herr Kind aus Hannover ist für mich ganz was anderes als jemand, der aus Übersee oder aus der arabischen Welt kommt und Fußballvereine in Deutschland aufkaufen möchte“, sagte Koch. Diese und weitere Fragen müssten nun klug und besonnen diskutiert werden, „gerne auch ohne Denkverbote“.

Dies dürfte mehr denn je gelten, wenn auch im Mai und Juni kein Fußball gespielt werden kann. Denn wenn alle Geldquellen versiegen, wird es eng. „Ich kann nur empfehlen, dass wir uns öffnen und konstruktiv die Zukunft diskutieren - ganz unabhängig von 50+1“, sagt Kind: Und dann müssen die 36 Vereine entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen.“