Pro & Contra zum Deadline Day Riskante Transferpassivität oder konsequente Zurückhaltung bei RB?
Wenn RB Leipzig Meister werden will, hätte der Klub dann nicht eine kreative Lösung finden müssen, um Dani Olmo und Christopher Nkunku sinnvoll zu ersetzen? Zwei unterschiedliche Meinungen dazu.
Pro von Ullrich Kroemer
Nottransfer hätte Probleme statt Lösungen gebracht
RB Leipzig hat sich als einer der wenigen Klubs an der Bundesligaspitze auf dem Winter-Transfermarkt zurückgehalten und sich dafür entschieden, eher keinen Spieler zu verpflichten, als einen, von dem Trainer Marco Rose nicht zu 100 Prozent überzeugt ist. Und das ist genau die richtige Strategie.
Die Leipziger sind kein Team, bei dem Spieler XY aus der Premier League, Spanien oder Frankreich mal eben so ohne Vorbereitung zwei, drei Mal mittrainieren und dann die Spielmacherrolle übernehmen könnte. Für RB-Fußball – zumal auf dieser zentralen Position – braucht es gut ausgewählte Spielertypen, viele Automatismen und taktisches Verständnis. Wer vorher nicht mit dieser Art Fußball in Berührung gekommen ist – wie Isco –, bringt nur Probleme statt Lösungen.
RB-Kader bietet genügend Lösungen
Wenn also die ausgewählten zwei, drei Wunschspieler nicht zu haben waren, ist es nur konsequent, nicht irgendeinen zu holen, der in England vielleicht auf der Bank sitzt.
>>> Lesen Sie hier: So verstärkte sich die RB-Konkurrenz im Winter
Noch hat RB auch ohne Olmo und Nkunku genügend Lösungen parat. 17 Feldspieler inklusive Youngster Sanoussy Ba plus US-Import Caden Clark stehen derzeit gesund zur Verfügung. Es gibt einige Mittelfeldakteure wie Amadou Haidara und Kevin Kampl, die bisher wenig zum Zuge kamen, und sich nun in einer immens wichtigen Phase beweisen können. Ebenso Stürmer Yussuf Poulsen. Andere wie Konrad Laimer und Dominik Szoboszlai können noch mehr Verantwortung übernehmen. Und schließlich sind Olmo und Nkunku wohl Mitte März zurück.
Rose hat vom ersten Tag an darauf hingewiesen, dass der Kader schmal ist. Das bewahrheitet sich nun. Im Sommer ist Gelegenheit, die Mannschaft nach seinen Vorstellungen umzubauen.
Contra von Ben Binkle
Transfer-Zurückgaltung passt nicht zu den neuen Ansprüchen
Dass Marco Rose seinem Kader so vertraut, wie er vor Ende des Transferfenster war, ehrt den Trainer von RB Leipzig nicht nur. Es ist auch konsequent und logisch: Schließlich sorgte dieser Kader für eine bärenstarke Serie mit 16 Partien ohne Niederlage.
Einen solchen Kader zu verstärken, ist nicht leicht. Und besonders schwierig ist es in den Schlusstagen der Transferphase. Die gesuchten „Soforthilfen“ sind da schwer zu finden – und wohl auch schwer zu bezahlen. Wie RB selbst schmerzlich erlebte: Der Verein wollte verpflichten, blieb aber erfolglos.
Verstärkung für die Breite hätte RB gutgetan
Und doch hätte ein Wintertransfer dem Klub gutgetan. Denn angesichts von aktuell nur 17 spielfähigen Feldspielern ist das Risiko groß. Wenn RB auch keinen Neuen für die Stammelf finden konnte – für die Breite des Kaders hätte es bestimmt Lösungen gegeben, und sei es nur in Form einer halbjährigen Leihe. Damit hätte Rose im Falle weiterer Ausfälle durch Verletzungen oder Sperren einfach eine Option mehr gehabt. Das kann zum Faktor werden in einer umkämpften Liga.
RB hatte zuvor in der Winterpause dem FC Bayern erstaunlich offen den Kampf angesagt und seitdem auf dem Rasen Taten folgen lassen. Der Titelkampf, den Bayerns nach wie vor bester Offensivverteidiger Uli Hoeneß jüngst schon für beendet erklärt hatte, ist bekanntlich offener denn je.
Dass RB nun – anders als Dortmund, Union Berlin oder Bayern – so vorsichtig agiert und auf Wintertransfers verzichtet, passt nicht so recht zu den neu formulierten Ansprüchen. Eine Ergänzung für den schmalen, aber leistungsstarken Kader wäre eine klare Ansage an die Konkurrenz gewesen. Nun wird bei manchem Fan hingegen der Eindruck entstehen, der Klub ginge nicht „all in“ für seine Titelchancen. Das müsste sich RB im Falle des Miserfolgs wohl tatsächlich vorwerfen lassen.